Neue Zugänge zu Allerheiligen
"Kein Elite-Programm für Frömmigkeits-Virtuosen"
Neue Zugänge zu Allerheiligen
"Kein Elite-Programm für Frömmigkeits-Virtuosen"
Was bedeutet Allerheiligen, was bedeuten die Heiligen heute? Dieser Frage gehen österreichische Theologinnen und Theologin in einer aktuellen Folge des Theologie-Podcasts "Diesseits von Eden" nach. Einig zeigten sich die Theologen darin, dass die Heiligen und Heiligkeit kein aus der Welt gefallenes Glaubensmoment darstellt, sondern es ein durchaus modernitätsverträgliches Verständnis gibt. So seien die Heiligen "kein Elite-Programm für Frömmigkeits-Virtuosen", sondern sie würden mit ihren vielfältigen und unterschiedlichen Biografien eine authentische und zeitgemäße Vielfalt an Zugängen zu Gott symbolisieren, so der Wiener Dogmatiker, Prof. Jan-Heiner Tück. Jeder Christ sei schließlich zur Heiligkeit berufen.
Auch sein Innsbrucker Kollege, der Dogmatik-Professor Johannes Hoff, verweist darauf, dass sich Allerheiligen nicht darin erschöpfe, "moralischer Vorbilder" zu gedenken, sondern dass es darum gehe, Gott selber in seinem alltäglichen Leben Raum zu geben: "Heilige sind Menschen, die Lebenskrisen durchgestanden und dabei etwas gefunden haben, das sich nicht durch Leistung herstellen lässt", so Hoff. Insofern seien die bedeutendsten Heiligen "nicht diejenigen, die sich einen Heiligenschein verdient haben, sondern die kleinen, unbedeutenden oder gar unbekannten Heiligen."
Heiligkeit in spätmoderner Lebenswelt
Der Grazer Religionswissenschaftlerin Prof. Theresia Heimerl zufolge stelle die Verehrung der Heiligen in der katholischen Kirche jenes Konzept von Transzendenz dar, das "die höchste Alltagstauglichkeit" aufweist. Schließlich weise jeder Heilige durch seine je eigene Biografie auch eine je eigene Funktion im Glauben auf. "Vielleicht kommt dieses Spezialistentum unserer fragmentierten spätmodernen Lebenswelt sogar entgegen."
Auf erwartungsgemäß mäßiges Verständnis trifft Allerheiligen bzw. die Verehrung der Heiligen bei dem reformierten Wiener Theologen Prof. Ulrich Körtner. Dieser erinnert im Podcast an die Bedeutung des 31. Oktober - des Reformationstages -, an dem Martin Luther 1517 seine 95 Thesen an die Schlosskirche in Wittenberg geschlagen haben soll. Die darin formulierte Kritik am damals üblichen Ablasswesen sei zugleich "für die Anhänger der Reformation der Anfang vom Ende der Heiligenverehrung" gewesen. Schließlich werde der Mensch nach lutherischer Lehre nicht durch die Fürsprache von Heiligen gerechtfertigt - dies halte er für geradezu "unbiblisch", so Körtner -, sondern allein aus Glauben und allein aus Gnade (sola fide, sola gratia).
Ökumene-verträgliche Heiligenverehrung
Dennoch gebe es eine "ökumenisch verträgliche Form der Heiligenverehrung", so Körtner weiter. Diese sehe er dort, wo man den Vorbild-Charakter der Heiligen betone - und sich so in ökumenischer Eintracht etwa in der Verehrung von Märtyrern wie Dietrich Bonhoeffer, Alfred Delp oder auch Oscar Romero treffen könne. Dies wäre ein "ökumenisches Gedenken an Menschen, die authentisch überzeugend ihren Glauben gelebt haben".
Der Podcast der theologischen Fakultäten in Österreich und Südtirol ist unter folgendem Link abrufbar:
Abonnierbar ist er darüber hinaus über alle gängigen Podcast-Kanäle wie Spotify oder iTunes.
Quelle: Kathpress