
Prälat-Ungar-Preise für ORF- und Standard-Journalisten und Podcast
Die Caritas der Erzdiözese Wien und die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien haben am Donnerstagabend die diesjährigen Prälat-Leopold-Ungar-Journalistenpreie verliehen. Die Ehrung fand coronabedingt in kleinem Rahmen in der Wiener Brunnenpassage und via Livestream statt. In den Hauptkategorien ausgezeichnet wurden Gerald John (Der Standard), Tiba Marchetti (ORF-TV), Ernst Weber (ORF Ö1) sowie Jana Mack und Julia Breitkopf (Podcast "Inselmileu"). Einen Anerkennungspreis im Bereich "Online/Multimedia" erhielt u.a. die ORF-Religionsjournalistin Clara Akinyosoye.
Der Prälat-Leopold-Ungar-Preis ist mit 20.000 Euro der höchstdotierte Journalistenpreis Österreichs. Er geht zurück auf das Lebenswerk von Prälat Leopold Ungar (1912-1992). Mit dem Preis wurden heuer bereits in der 18. Auflage Beiträge prämiert, die sich Themen wie Obdachlosigkeit, Flucht, Armut oder Pflegebedürftigkeit auseinandersetzen. Dieses Jahr gab es über 80 Einreichungen in den Kategorien "Print", "TV", "Radio" und "Online/Multimedia".
"Die Journalistinnen und Journalisten, deren Arbeiten heute ausgezeichnet werden, geben Menschen in Not ein Gesicht. Und das ist entscheidend - gerade jetzt, wenn unsere volle Aufmerksamkeit zuallererst auf täglich aktualisierte Gesundheitsdashboards gerichtet ist", so Klaus Schwertner, geschäftsführender Caritasdirektor der Erzdiözese Wien. Die Pandemie sei keine Krise, die sich mit Zahlen allein erfassen lasse. "In diesem Sinne muss Qualitätsjournalismus auch die Probleme jener in den Blick nehmen, die über keine Lobby verfügen", zeigte sich Schwertner überzeugt.
Ö1-Journalist Stefan Kappacher widmete sich in seiner Festrede dem Thema Inseratenkorruption: Diese sei "ein böses Wort. Das hat in Österreich lange niemand aussprechen wollen, obwohl jeder gewusst hat, dass es das gibt." Zu sehr seien Politik und Medien in Österreich seit vielen Jahren in einem eingebrannten Muster gefangen - "Politik füttert Medien, fütternde Hand wird nicht gebissen". Medienförderungs-Politik in Österreich sei viel zu lange mit Klientelpolitik gleichgesetzt worden, so Kappacher.
"Stich ins Herz einer Arbeiterstadt"
In der Kategorie "Print" wurde dieses Jahr Gerald John für seine Reportage "Stich ins Herz einer Arbeiterstadt", die in der Tageszeitung "Der Standard" erschienen ist, ausgezeichnet. "John gelingt es, nicht nur den Mikrokosmos der Betroffenen zu beleuchten, sondern auch das größere Ganze zu betrachten, strukturelle Probleme anzusprechen oder politische Grundsatzfragen zu erläutern", so die Begründung der Jury für den Preis. Seine Reportage, in der es um das von der Schließung bedrohte LKW-Werk in Steyr geht, sei ein erstklassiges Beispiel hierfür. "Man spürt, in welch schwieriger Situation sich die Belegschaft des damaligen MAN-Werks befindet, auch wird der 'Stolz der Arbeiterschaft' sichtbar, die sich seit Jahren ins Zeug wirft, um ihr LKW-Werk international konkurrenzfähig zu halten."
"Der letzte Wunsch"
Der Hauptpreis in der Kategorie "Fernsehen" ging dieses Jahr an Tiba Marchetti für ihren Beitrag "Der letzte Wunsch" in der Sendereihe "Am Schauplatz" auf ORF2. Der Film zeigt das Leben mehrerer Menschen, die wissen, dass sie bald sterben werden und denen engagierte Helferinnen und Helfer ihren letzten Wunsch erfüllen. "Das Thema Tod und Sterben wird von gesunden Menschen gewöhnlich gut verdrängt", so die Jury. Marchetti habe Menschen gefunden, die in dieser Lebenssituation vor die Kamera gehen. "Das ist eine journalistische Herausforderung. Mit Menschen an ihrem Lebensende Interviews zu führen, noch viel mehr." Als der "Schauplatz" geschnitten wurde, waren manche Interviewpartner bereits tot. "Aber sie haben in Tiba Marchettis Film gezeigt, dass das Leben bis zum letzten Atemzug lebenswert sein kann."
Podcast über Verschwörungsgläubige
Der Hauptpreis in der Kategorie "Online/Multimedia" wurde heuer an die Journalistinnen Jana Mack und Julia Breitkopf verliehen, die ihre eigene Podcast-Serie "Inselmilieu" mit dem Ziel der Überwindung von Echokammern und Filterblasen in der digitalen Welt entwickelt haben. Ausgezeichnet wurden sie für die Folge "Leben und leben lassen? Verschwörungsgläubige unter uns". Die Podcast-Episode gewährt Einblick in das Denken jener Menschen, die gemeinhin als Verschwörungsgläubige bezeichnet werden. Sie lässt insbesondere auch Betroffene zu Wort kommen, deren Familienmitglieder in die Blasen von Verschwörungserzählern abgerutscht sind.
"Reportage über Walfried Janka"
In der Kategorie "Radio" wurde die Arbeit von Ernst Weber mit dem Titel "Bei Hausbesuchen keine Unzukömmlichkeiten. Die Akte Walfried Janka" für Ö1 ausgezeichnet. "Mit dem Hörbild ist ihm ein besonders beklemmender Wurf gelungen - ein Porträt über einen Mann, der Unerhörtes erlebt hat", so der Jurybeschluss. Weber begleitet Walfried Janka zu wichtigen Schauplätzen seines Lebens, lässt ihn ausführlich zu Wort kommen. Der Mensch Janka bleibe immer Mittelpunkt der Geschichte - auch mit seinen Verfehlungen. "Die schwerste: Mord. Aber Walfried Janka ist auch Opfer: Die wegen Kindstötung verurteilte Pflegemutter quält den Buben jahrelang, physisch wie psychisch."
Die Auswahl der prämierten Arbeiten oblag auch heuer einer unabhängigen Jury - bestehend aus Roland Machatschke (Juryvorsitzender), Susanne Scholl, Andrea Puschl-Schliefnig, Ingrid Brodnig, Florian Klenk und Irene Brickner.
Quelle: kathpress