Ethiker Filipovic: Österreichs Medien brauchen Qualitätsoffensive
Österreichs Medien brauchen dringend eine Qualitätsoffensive. Das hat der deutsche, seit einem Jahr an der Universität Wien lehrende Theologe und Medienethiker Alexander Filipovic betont. In einem Kathpress-Interview im Hinblick auf anstehende, von Bundesministerin Susanne Raab angekündigte medienpolitische Weichenstellungen befand der Medienberater der Deutschen Bischofskonferenz, es bestehe "immenser Reformbedarf". Die österreichische Medienlandschaft sei "boulevardisiert", entsprechende Anbieter würden "überproportional gefördert" und von öffentlichen Stellen auch mit enorm hohen Inseratenausgaben bedacht. Presseförderung sei europarechtlich kompliziert, es müsste sinnvolle Formen gefunden werden - jenseits eines bloßen "Gießkannenprinzips".
Filipovic ist einer von sechs befragten Fachleuten, die sich zur Medienpolitik in Österreich - zu Medienförderung, Inseratenvergabe, Status des ORF, Konkurrenz durch Internet-Plattformen u.a. - äußern. Außer ihm kamen bzw. kommen in der Interview-Folge zu Wort: Gabriele Neuwirth, Vorsitzende des Verbands katholischer Publizistinnen und Publizisten Österreichs, der KAÖ-Präsident und Kommunikationsexperte Ferdinand Kaineder, der Grazer Caritas-Direktor Herbert Beiglböck als Mitglied des ORF Publikumsrates, "Furche"-Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl sowie Walter Achleitner vom Verein zur Förderung der Kirchenzeitungen.
Eine sinnvolle Journalismusförderung würde nach Auffassung von Filipovic bei der Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden ansetzen - die in Österreich allerdings weiter institutionalisiert werden müsse - und auch Verlage dabei unterstützen. Ein Kriterium von öffentlichen Zuwendungen könne auch sein, wie viele in einem Medium redaktionell beschäftigt sind. Dies könne, müsse aber noch keine Qualität garantieren, räumte der Medienethiker ein. Dafür objektive Kriterien festzulegen sei schwierig, ein möglicher Zugang wäre umgekehrt fehlende Qualität, abzulesen an vom Presserat stattgegebenen Beschwerden gegen Mängel der Berichterstattung.
Die Ausgaben etwa von Bundesministerien für mit Steuergeld finanzierte Inserate und Kampagnen sollten gedeckelt werden, meinte der Professor für Christliche Sozialethik. Hier brauche es einen "mutigen Entwurf" durch den Gesetzgeber und die Bereitschaft zu Transparenz und Selbstbegrenzung der Politik.
Gegen "Freiheit", Lügen zu verbreiten
Klare politische Vorgaben braucht es nach Überzeugung Filipovics auch bei der Regulierung großer Internet-Player und deren Möglichkeiten zur Manipulation: Er wies darauf hin, dass z.B. die erlaubte Gruppengröße für den Austausch von Nachrichten beim Instant-Messaging-Dienst Telegram bei 200.000 Personen liegt, bei WhatsApp dagegen nur bei 256. Hier müssten die einzelnen Nationalstaaten - in die sich die Regulierungsbefugnis zunehmend verlagere - klare Transparenzkriterien aufstellen. "Hat Telegram eine Adresse in Österreich? Ich denke nicht", bemängelte Filipovic.
"Meinungsfreiheit bedeutet nicht die Freiheit, Unwahrheiten zu verbreiten", betonte er einen medienethischen Grundsatz. Einen gewissen Schutz vor Fake News böten Qualitätsmedien, die es ebenso zu fördern gelte wie die Medienkompetenz der Bevölkerung.
Zum Status des ORF als gebührenpflichtigen Senders im Kontext privater Anbieter erklärte Filipovic, er sehe in einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kein Problem für notwendige Pluralität. Werde hier Programm mit Niveau geboten, fördere dies auch die Qualität der Privaten und sei grundsätzlich von hoher Bedeutung für Bildung und Kultur eines Landes.
Quelle: kathpress