Publikumsrat Beiglböck für neue Gremienstruktur des ORF
Es wäre "wünschenswert, die Gremienstruktur des ORF neu zu gestalten". Ein möglichst breit zusammengesetzter Publikumsrat sollte - so dessen Mitglied als Kirchenvertreter, der steirische Caritas-Direktor Herbert Beiglböck - beauftragt werden, einen Aufsichtsrat für den ORF zu bestellen. Eine begrenzte einmalige Bestellung zum Publikumsrat und eine längere Funktionsdauer könnten dazu beitragen, dass die Tätigkeit "nur in Verantwortung gegenüber dem ORF" wahrgenommen wird, so Beiglböck zur Frage einer notwendigen "Entpolitisierung" des Rundfunks. Der jetzt schon im ORF-Gesetz festgehaltene Auftrag könnte dadurch eher umgesetzt werden.
Der Caritas-Direktor äußerte sich am Montag in einem Kathpress-Interview im Hinblick auf anstehende, von Bundesministerin Susanne Raab angekündigte medienpolitische Weichenstellungen. Außer Beiglböck kamen in der Kathpress-Interview-Reihe zu Wort: Gabriele Neuwirth, Vorsitzende des Verbands katholischer Publizistinnen und Publizisten Österreichs (erschienen am 21.1.), der KAÖ-Präsident und Kommunikationsexperte Ferdinand Kaineder (22.1.), der in Wien lehrende Medienethiker Alexander Filipovic (23.1.); befragt wurden auch "Furche"-Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl und Walter Achleitner vom Verein zur Förderung der Kirchenzeitungen.
Im Blick auf die Konkurrenzsituation zu anderen, privaten Medienanbietern erinnerte Beiglböck an die Medienenquete der Bundesregierung 2018. Dort sei sehr deutlich geworden, dass der ORF viel weniger in Konkurrenz zur übrigen Medienlandschaft in Österreich steht, sondern, "dass es darum geht, eine eigene Medienlandschaft in Österreich in der Konkurrenz zu den großen internationalen Playern zu sichern". Deshalb sei es wichtig, dem ORF mehr digitale Möglichkeiten einzuräumen. Die schon länger diskutierte Veränderung des ORF-Gesetzes in diesem Punkt "sollte sehr rasch umgesetzt werden", wandte sich Beiglböck an die Regierung. Er sprach sich zugleich für faire Rahmenbedingungen aus, "die das Miteinander der österreichischen Medien erleichtern und regeln, z.B. was die Nutzung des Archivs des ORF betrifft".
Was notwendige Regularien für das Internet betrifft, ist aus der Sicht des früher im "Styria"-Medienkonzern tätige Caritas-Direktor "die Schlüsselfrage", dass es in den sozialen Medien unter Wahrung der Anonymität nicht zu Menschenrechts- oder Strafrechteverletzungen kommen dürfe. Eine Identifizierung des Schreibers bzw. der Schreiberin solle ermöglichen, diese Person bei Verstößen zur Verantwortung zu ziehen. "Meinungsfreiheit ohne Verantwortung für die eigene Meinung hat eine zerstörerische Kraft für die Gemeinschaft und unsere Demokratie", warnte Beiglböck.
Medienförderung nach Qualitätsstandards
Reformbedarf ortet der Caritas-Direktor mit vielen anderen Fachleuten bei der staatlichen Medienförderung und Inseratenvergabe. Sowohl die öffentliche Hand als Geber als auch die Medien als Nehmer hätten hier eine hohe Verantwortung. Beiglböck plädierte dafür, dass Zuwendungen an Medien an Qualitätsstandards gebunden sind. Als mögliche Kriterien nannte er die Mitarbeit im Presserat, ein eigenes Redakteursstatut oder die Anwendung des Kollektivvertrages. Denkbar wäre laut Beiglböck auch die Berücksichtigung der Diversität bei den Medienunternehmen, z.B. was Geschlechterverteilung, Herkunft und auch Religionen betrifft. Unverzichtbar ist für den kirchlichen Medienexperten, "dass Inserate einen reinen Informationswert haben und die Vergabe dieser Inserate breit gestreut werden", ebenso eine klare Kennzeichnung und ohne jede Vermischung mit Berichterstattung oder Kommentar. Ziel müsse eine möglichst hohe Transparenz für die Konsumenten sein.
Um den in Österreich vergleichsweise geringen Anteil an Qualitäts- und Investigativ-Journalismus zu vergrößern, riet Beiglböck zu Ähnlichem wie im Sport: "Je breiter die Förderung des Journalismus in Österreich ist und je mehr Medienanbieter gute Arbeitsbedingungen haben, desto eher werden sich einzelne Personen spezialisieren und Spitzenleistungen auch im Bereich des Qualitäts- und Investigativ-Journalismus erbringen."
Quelle: kathpress