Vor zehn Jahren wurde Hildegard Burjan seliggesprochen
Vor zehn Jahren wurde die Gründerin der Caritas Socialis, Hildegard Burjan, seliggesprochen. Am kommenden Sonntag - einen Tag nach dem Jubiläumstag -, findet aus diesem Anlass um 18 Uhr ein Festgottesdienst im Wiener Stephansdom statt. Dem Gottesdienst werden Dompfarrer Toni Faber und Dechant Martin Rupprecht von der Wiener Pfarre "Hildegard Burjan" vorstehen. Für die Teilnahme an der Messe (zumindest für den vorderen Bereich des Doms) ist eine Anmeldung erforderlich. (Infos: www.cs.or.at) Der Gottesdienst wird aber auch im Livestream über den Youtube-Kanal der Erzdiözese Wien übertragen. Hildegard Burjan (1883-1933) gründete die Schwesterngemeinschaft der Caritas Socialis 1919 mit dem Auftrag, die soziale Not zu lindern.
Bei der Seligsprechungsfeier am 29. Jänner 2012 im Wiener Stephansdom verlas der damalige Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen, Kurienkardinal Angelo Amato, das Seligsprechungsdekret von Papst Benedikt XVI. Nach der Verlesung des Dekretes wurde im Altarraum des Stephansdoms ein rund 5,5 mal 4 Meter großes Porträt Hildegard Burjans aufgezogen. Dann wurde eine einfach gehaltene Glasstele mit der Reliquie Hildegard Burjans in einer Prozession zum Altar gebracht und davor abgestellt. Neben einem Knochensplitter der Seligen enthielt das Reliquiar auch ihren Ehering sowie jene Caritas-Socialis-Brosche, die bei der Öffnung ihres Sarges 2005 gefunden wurde.
An der von Kardinal Amato geleiteten Seligsprechungsfeier nahm Österreichs Episkopat mit Kardinal Christoph Schönborn an der Spitze fast vollzählig teil. Dazu kamen auch zahlreiche Ordensvertreterinnen und -vertreter sowie hochrangige Vertreter der Politik.
Den Gedenktag der seligen Hildegard Burjan setzte der Papst auf den 12. Juni, den Tag nach ihrem Todestag, fest. Mit Hildegard Burjan hat die Katholische Kirche 2012 weltweit erstmals eine Parlamentarierin seliggesprochen.
Seit 2015 erinnert auf Initiative der Burjan-Biografin Ingeborg Schödl eine permanente Stele im Stephansdom an die Selige. Am Wiener Rathaus prangt seit 2017 eine Burjan-Gedenktafel. Den Burjanplatz im 15. Bezirk gibt es schon seit 1984. Im 15. Bezirk bilden zudem im Zuge der Wiener Diözesanreform seit 2017 die Pfarren Neufünfhaus, St. Anton, Rudolfsheim und Schönbrunn-Vorpark die neue Pfarre "Hildegard Burjan".
Zur Katholischen Kirche konvertiert
Am 30. Jänner 1883 als Hildegard Freund im sächsischen Görlitz in eine liberale jüdische Familie geboren, studierte Hildegard Burjan in Zürich Literatur und Philosophie und in Berlin Sozialwissenschaft. Im Jahr 1907 heiratete sie den gebürtigen Ungarn Alexander Burjan. Nach Heilung von einer schweren Krankheit konvertierte sie zur Katholischen Kirche und ließ sich taufen.
Burjan setzte sich entschieden für die Gleichberechtigung der Frau, für die Bekämpfung der Kinderarbeit und für die Überwindung sozialer Missstände ein. Viele soziale Rechte für Frauen und Kinder, die heute selbstverständlich sind, gehen auf ihre Initiative zurück. Zu ihren wichtigsten politischen Forderungen zählte schon damals "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" für Frauen.
1912 gründete Burjan den "Verband der christlichen Heimarbeiterinnen" und 1918 den Verein "Soziale Hilfe". Als Frauen 1919 erstmals das aktive und passive Wahlrecht ausüben konnten, zog Burjan als erste christlich-soziale Abgeordnete in das österreichische Parlament ein. Am 4. Oktober 1919 gründete sie die religiöse Schwesterngemeinschaft "Caritas Socialis", mit dem Auftrag, soziale Not der Zeit zu erkennen und zu lindern.
Oberin und Ehefrau
Als große Ausnahme in der neueren Ordensgeschichte war Hildegard Burjan zugleich Oberin ihrer Gemeinschaft, Ehefrau (eines der führenden Industriellen seiner Zeit) und Mutter einer Tochter. Zugleich war sie die Beraterin führender Politiker der Ersten Republik, so von Bundeskanzler Prälat Ignaz Seipel.
Obwohl sie nur kurze Zeit dem Parlament angehörte, galt sie schon bald als dessen "Gewissen". Die tief religiöse Hildegard Burjan stellte sich dem Elend großer gesellschaftlicher Schichten und verschloss vor Jugendkriminalität, Verwahrlosung und Prostitution nie die Augen. Dadurch erwarb sie sich auch den Respekt sozialdemokratischer Politiker.
Als im Jahr 1920 Neuwahlen anstanden, zog sich Burjan aus Rücksicht auf ihre stark angeschlagene Gesundheit und wegen der zunehmenden antisemitischen Strömungen auch innerhalb ihrer Partei aus dem Parlament zurück, blieb aber weiter politisch aktiv. Hildegard Burjan starb am 11. Juni 1933 an einem schweren Nierenleiden.
Pflege und Hospiz
Die Caritas Socialis ist heute in drei Bereichen federführend tätig: Betreuung und Pflege (Demenz), Hospizkultur (CS Hospiz Rennweg) und die Unterstützung und Begleitung von Familien und Kindern. Rechtlicher Träger der zahlreichen Einrichtungen ist die CS Caritas Socialis, die neben der Schwesterngemeinschaft besteht.
Das neueste Projekt der CS betrifft ihr Pflegezentrum in Kalksburg am südlichen Rand von Wien aus. Gekauft im Jahr 1927 von Hildegard Burjan, diente der Standort ursprünglich als Alterswohnsitz der CS Schwesterngemeinschaft und wurde in weiterer Folge zu einem Hospizzentrum ausgebaut. Nun wird mit einem zusätzlichen Neubau laut CS eine "Pflegeoase mit Pionierwirkung" geschaffen. Das neue Zentrum ist Teil des CS Hospiz Wien, in dem alle Hospizeinrichtungen der CS zusammengefasst sind.
(Infos: www.cs.at)
Quelle: kathpress