
Wiener Theologen betonen religiös-kulturelle Autonomie der Ukraine
In den Chor der scharfen Kritiker am russischen Einmarsch in der Ukraine hat sich auch die Wiener Katholisch-Theologische Fakultät gesellt - und zugleich auf die religiöse wie kulturelle Autonomie der Ukraine und die zahlreichen akademischen Verflechtungen zwischen Österreich und der Ukraine hingewiesen. "Entgegen dem vom russischen Regime propagierten Narrativ von der Zugehörigkeit der Ukraine zu Russland" verweise man "auf die vielfältigen eigenständigen Traditionen dieses Landes" und die "zahlreichen europäischen Bezüge", in denen die ukrainischen Kirchen stünden, heißt es in der Stellungnahme, die auf der Fakultätswebsite abrufbar ist (https://ktf.univie.ac.at).
Zudem unterhalte man akademisch enge Verbindungen in die Ukraine, etwa in Form eines Austauschs und gemeinsamer Projekte mit der Ukrainisch-Katholischen Universität in Lemberg. Eine für den heurigen Sommer geplante Exkursion in die Westukraine wurde indes aufgrund der jüngsten Entwicklungen abgesagt.
Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert habe etwa die griechisch-katholische Kirche im österreichischen Galizien und in der damaligen Hauptstadt Lemberg/Lviv "den intellektuellen wie personellen Nährboden für die Ausprägung einer selbstbewussten ukrainischen nationalen Identität" gebildet. Die Wiener Zentralbehörden hätten zudem das Geistesleben in Galizien und der Bukowina gezielt gefördert - etwa 1875 durch die Errichtung einer orthodoxen Fakultät an der Universität in Czernowitz, die eine "damals einzigartige akademische Einrichtung mit großer Strahlkraft" dargestellt habe, oder auch durch Aktivitäten des kaiserlichen Priesterkollegs St. Augustin (Frintaneum) in Wien, an dem ab dem 19. Jahrhundert bis zum Ende der Monarchie etwa achtzig ukrainisch-stämmige Kleriker ihr Doktoratsstudium absolvierten. "Eine Tradition, die über 1918 hinaus durch ein Thomas-Kolleg bis heute fortgesetzt wird".
Vor diesem Hintergrund verurteile man nicht nur das russisch-militärische Vorgehen, sondern auch "die grob irreführenden historischen Rechtfertigungen" seitens des russischen Regimes, heißt es in der Erklärung weiter. "Unsere Solidarität gilt dem gesamten ukrainischen Volk, das wieder einmal Leidtragender politischer Ambitionen übermächtiger Nachbarn zu werden droht, im Besonderen auch den zahlreichen Kolleginnen und Kollegen in den dortigen Hochschulen, denen sie fachlich und menschlich eng verbunden ist." Zugleich wisse man sich "auch den vielen friedliebenden Russ:innen verbunden, zu denen ebenfalls langjährige wissenschaftliche und freundschaftliche Beziehungen bestehen." (Infos: https://ktf.univie.ac.at)
Quelle: kathpress