Neues digitales Fastentuch im Eisenstädter Martinsdom
Ein neues digitales Fastentuch von Heinz Ebner verhüllt nach bis Karfreitag das Altarkreuz im Eisenstädter Martinsdom. Das von Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics angeregte Werk des bereits im Vorjahr für diesen Fastenbrauch eingesetzten burgenländischen Künstlers zeigt eine Bildanimation, in der biblische Erzählungen "mit dem aktuellen Lebensnarrativ der Menschen" verbunden werden, heißt es auf der Diözesan-Website. Es aktualisiere den Kreuzweg Jesu durch gegenwärtig erlebtes Leid und "erinnert uns daran, den Auswirkungen der Pandemie, der Gewalt und der Kriege, den Sorgen und Nöten, der Leere mit Berührung und Begegnung, mit Solidarität und Gemeinschaft entgegenzutreten", erklärte Zsifkovics.
Die digitale Bildanimation dauert insgesamt 65 Minuten und besteht aus rund 100 Sequenzen, die in "Slow-Slow-Motion" ablaufen. Ebner zitiert in seinem Fastentuch Kreuzwegbilder von Joseph von Führich (1800-1876) und setzt sie in den Kontext heutiger Nöte wie Klimawandel, Krieg, Entfremdung, Missbrauch oder Arbeitslosigkeit - "konkrete Lebenssituationen ..., die unser Leben durchkreuzen, es ängstigen, festnageln, die ihm Zukunft und Hoffnung nehmen", so der Künstler. Dabei spielt Ebner auch mit Sprache: Das Wort "ANGEFANGEN", aus dem Barcode herauslöst, wird zu "GEFANGEN", "PLASTIK" zu "LAST".
Die vom Künstler eingesetzte Spektralfarbenreihe mit Sequenzen in Rot, Orange, Gelb bis hin zu Blau und Violett verweise auf den biblischen Regenbogen, dem alttestamentlichen Zeichen des Bundes Gottes mit den Menschen und Hoffnungssymbol. Gegenwärtige "Problemzonen" wie die Corona-Pandemie mit all ihren Folgen, der "wie ein Tsunami" gerade über Europa hereinbrechende Krieg, aber auch Armut und Klimakatastrophen ließen "die Welt apokalyptisch erscheinen - wäre da nicht unser Hoffen auf die Gegenwart und Hilfe des Auferstandenen", betonte Ebner.
Der 1963 geboren in Güssing geborene Künstler ist Mitglied des Kunstrates der Diözese Eisenstadt und in seinem Schaffen immer wieder für die Kirche tätig. Erst im vergangenen Jahr sorgte Ebner für die künstlerische Ausgestaltung der Außenfassade sowie des Stiegenhauses im neuen Eisenstädter Diözesanhaus, das als "ein einladendes, offenes Haus" veranschaulicht werden sollte. Die nun im Martinsdom umgesetzte kontemplative Bildanimation, eine Art "Slow-Slow-Motion", wandte Ebner davor bereits in Arbeiten wie "Martinus Morphosis" (2012), beim Fastentuch "Wandlung" (2014) oder der "Oberwarter Weihnachtskrippe" (2017) an.
Fastentücher gibt es seit dem 11. Jahrhundert, sie bilden einen in den Alpenländern bis heute einzigartigen Brauch in der vorösterlichen Bußzeit. Bei den alten Fastentüchern handelt es sich meist um Tuchmalereien mit biblischen Darstellungen der Schöpfungs- und Erlösungsgeschichte Gottes. Zudem bekam das Fastentuch auch die Funktion des "Fastens mit den Augen". Einfache Tücher verhüllten bis Karfreitag die Altarkreuze und -bilder. Zu Ostern wurden sie wieder neu sichtbar. (Info: www.martinus.at/2022/03/09/regenbogen-kreuzweg)
Quelle: kathpress