30 Jahre "Bosnienhilfe": Annemarie Kury feiert 90. Geburtstag
Seit mehr als 30 Jahren hilft Annemarie Kury Menschen in Bosnien. 188 Mal bzw. 300.000 Kilometer ist die ehemalige Krankenschwester für dieses Ziel unterwegs gewesen, das sind sieben Erdumrundungen. Etwa zwei Millionen Euro an Spenden hat sie für ihre "Bosnienhilfe" gesammelt. Am 5. Mai ist sie 90 Jahre alt geworden. Die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" hat die Pionierin der Nächstenliebe, die selbst als Kind aus ihrer Heimat Böhmen vertrieben wurde, anlässlich ihres Geburtstags in einem Beitrag gewürdigt.
Im November 1991 verfolgte Kury in ihrer Wohnung in Wien-Gersthof die TV-Berichte vom Krieg im ehemaligen Jugoslawien. "Es war furchtbar, weil so viele Vertriebene und Flüchtende aus Ostkroatien nach Zagreb gekommen waren und dort Not herrschte. Ich habe an meine eigene Vertreibung aus dem heutigen Tschechien gedacht und konnte dann nicht schlafen, weil es mich so aufgewühlt hat. Am nächsten Tag habe ich bei der Caritas in Zagreb angerufen und gefragt: Was braucht ihr? Und es war dieser Hilfeschrei: ,Essen, Essen, Essen!' Da war für mich klar, ich muss etwas tun."
Die damals 59-jährige Krankenschwester, die knapp vor ihrer Pensionierung stand, kratzte ihr Geld zusammen, baute den Beifahrersitz aus ihrem Auto aus und füllte den Wagen randvoll mit Lebensmitteln. Um fünf Uhr früh am nächsten Tag, einem Mittwoch, schlüpfte sie in ihre alte Schwesterntracht und fuhr nach Zagreb. "Mit der Leiterin der Caritas habe ich Kekse, Trockenmilch, Babynahrung, Suppensackerl usw. verteilt. Als alles ausgeteilt war, ist eine Frau mit ihrem Kind am Arm gekommen, beide weinend, und hat gefragt, ob ich noch etwas zu essen habe. Es hat mir so wehgetan, dass ich ihr nichts geben konnte. Da habe ich gesagt: Ich komm' wieder, nächsten Mittwoch."
Von da an fuhr Kury Mittwoch für Mittwoch nach Zagreb und Umgebung, brachte Essen, Hygieneartikel, Winterkleidung und vieles mehr, das sie in Wien kaufte oder bei Bekannten und in ihrer Pfarre sammelte.
Eines Tages traf sie auf einem Parkplatz zwei LKW-Fahrer, die ihr von Bosnien erzählten. In Kroatien, sagten die beiden, hungern die Menschen, in Bosnien verhungern sie. "Das war wieder so ein Moment, dass ich gedacht habe: Vielleicht kann ich etwas tun", so Kury rückblickend im "Sonntag"-Interview.
Ab dem Frühjahr 1994 brachte Kury Hilfsgüter nach Bosnien. Vier Tage brauchte sie für den Weg in den Nordosten, nach Tuzla, hinein ins Kriegsgebiet. "Gefürchtet habe ich mich nicht. Ich weiß nicht, warum. Es war mir einfach so wichtig." Kury half beim Wiederaufbau zerstörter Häuser, verteilte Saatgut und kaufte für die Armen Hühner und Ziegen und manchmal auch ganze Felder. Sie sorgte auch dafür, dass viele Kinder und Jugendliche eine gute Ausbildung bekamen. Sie organisierte in Österreich Operationen für Kinder, denen in Bosnien nicht geholfen werden konnte, und es gelang ihr sogar, 2010 in Tuzla das Therapiezentrum "Korace Nade" ("Schritte der Hoffnung") zu errichten.
Seit drei Jahren leitet Annemarie Kury ihre "Bosnienhilfe" in einem Dreierteam. Auf ihrer Homepage erscheinen Berichte über die Familien, die unterstützt werden.
Infos: annemariekury.uskw.at
Quelle: kathpress