Pflegereform: Kirchliche Hilfsorganisationen für Nachbesserungen
Bei der Pflegereform der türkis-grünen Bundesregierung orten die Caritas und die Diakonie Nachbesserungsbedarf. Das geht aus parlamentarischen Stellungnahmen hervor, die die kirchlichen Pflege-Trägerorganisationen eingebracht haben. Am Dienstag (21. Juni) endet die Begutachtungsfrist zu den entsprechenden Gesetzesentwürfen. Dass die Bundesregierung nun endlich "ein großes Bündel an unterschiedlichen Maßnahmen" vorgelegt habe, begrüßt die Caritas Österreich ausdrücklich. Gleichzeitig müsse "klar benannt werden", in welchen Bereichen "noch keine oder deutlich zu wenig Maßnahmen" gesetzt wurden, so die Hilfsorganisation in ihrer Stellungnahme. Auch die evangelische Diakonie sieht die angekündigten Maßnahmen als "ersten Schritt", aber: "Die genannten Maßnahmen kommen nicht allen zugute."
Grundsätzlich kritisch bemerkt die Caritas, dass auch nach Umsetzung der aktuell vorgesehenen Maßnahmen die Pflege- und Betreuungslandschaft österreichweit sehr unterschiedlich aussehen werde. Angebote und Verfügbarkeit würden sich auch weiterhin von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Ebenfalls negativ sieht die Caritas, dass viele der vorliegenden Maßnahmen nur auf zwei Jahre befristet sind. "Dies steht der Notwendigkeit einer langfristig abgesicherten Finanzierung und dauerhafter Änderungen in den betroffenen Bereichen klar entgegen", so die Kritik der Pflegeorganisation.
Es sei "von größter Bedeutung", dass dem Fachkräftemangel in der Pflege etwas entgegengesetzt werde, so die Caritas. Möglichst viele Menschen müssten jetzt für die Pflege und Betreuung gewonnen werden. Deshalb sei es bedauerlich, dass bei der Ausbildungsförderung einige Berufsgruppen nicht umfasst, bzw. die Sozialbetreuungsberufe weniger oder gar nicht berücksichtigt werden.
Valorisierung und mehr Kompetenzen
Leistungen wie Pflegegeld und auch die Förderung der 24-Stunden-Betreuung, hätten seit ihrer Einführung einen massiven Wertverlust erlitten, nicht zuletzt durch die massive Teuerung der vergangenen Wochen. "Beide Leistungen bedürfen umgehend einer Valorisierung", so die Caritas als weiteres Anliegen.
Dass bei den geplanten Maßnahmen die Berufskompetenzen des gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegepersonals unverändert bleiben, bedauert die Caritas. Insbesondere bei Ausweitung der Kompetenzen müsse "klar gesagt werden, dass aktuell die gelebte Praxis der bereits vorliegenden Gesetzgebung nachhinkt". Diplomierte Pflegekräfte seien bereits jetzt zur Weiterverordnung von Medizinprodukten berechtigt. In der Praxis zeige sich, dass diese Weiterverordnung bislang an der Anerkennung der Verordnungen von Diplomkrankenpflegern durch die Sozialversicherungsträger scheitere. Hier brauche es eine politische Klärung, fordert die Caritas. Vielmehr gelte es, die Kompetenzen des gehobenen Dienstes zielgerichtet zu erweitern und eine praktikable Erleichterung des beruflichen Alltags zu gewährleisten.
In Sachen Pflegeassistenz regt die Caritas dazu an, deren Kompetenz auch um die Entfernung peripherer Verweilkanülen sowie um das Anlegen von medizinischen Miedern, Orthesen und elektrisch betriebenen Bewegungsschienen zu erweitern. Die Ausbildungsinhalte der Pflegefachassistenz sollten zudem um gerontogeriatrische Leistungen erweitert und gestärkt werden und auch die Bereiche Palliativ, Demenz, ethische Dilemma, Familienpflege, Wundmanagement umfassen, was den Beruf attraktiver machen würde, wie es heißt.
Diakone: Keine halbe Pflege
Die Diakonie fordert indes die Ausweitung der Verbesserungen auf alle Berufsgruppen in der Pflege und den Ausbau von Dienstleistungen. "Die Bundesregierung setzt einen Meilenstein in der Pflegereform. Wer wandern geht, weiß: Wenn man einen Meilenstein erreicht, ist ein gutes Stück des Weges geschafft, es liegt aber noch einiges vor einem", kommentierte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in einer Aussendung am Montag. "Die Maßnahmen bringen erste Verbesserungen und schaffen Zeit für weitere Schritte."
Positiv wertete die Diakonie den Fokus des von der Regierung vorgelegten Pakets auf das Personal. Dies sei ein "wichtiges Zeichen der Anerkennung für die großartige Arbeit, die Pflege- und Betreuungskräfte täglich leisten". Als größten Kritikpunkt äußerte die Diakonie den Umstand, dass die Maßnahmen nicht allen zugutekommen. "Während die Pflegeassistenzberufe und die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflege komplett umfasst sind, bleiben die Sozialbetreuungsberufe großteils außen vor", bedauert das Hilfswerk der evangelischen Kirche. Deswegen fordere man die Gleichstellung von Pflege- und Sozialbetreuungsberufen. "Die Pflege darf nicht halbiert werden. Gute Pflege umfasst immer medizinische und soziale Aspekte. Psychosoziale Dimensionen, Kommunikation und soziale Teilhabe dürfen nicht aus dem Blick geraten", forderte Moser.
Dem ersten Reformpaket müsse aus Diakonie-Sicht ehestmöglich ein weiteres folgen, heißt es weiter. Dringend nötige Adaptionen von Personalschlüsseln und Normverrechnungssätze, um von der "Stoppuhr-Pflege" wegzukommen, stünden noch aus. "Pflege ist Beziehungsarbeit, und Beziehung braucht Zeit. Zeit gibt es im aktuellen System zu wenig", zeigte sich Moser überzeugt. Hier seien Bund und Länder gemeinsam in die Pflicht genommen.
Quelle: kathpress