Tiroler Gelöbnisfeier mit Appell zu Wachsamkeit und Barmherzigkeit
Zum aufmerksamen Blick auf Nöte im eigenen Umfeld sowie zur Hilfsbereitschaft hat der Innsbrucker Bischofsvikar Jakob Bürgler am Freitag bei der traditionellen Herz-Jesu-Gelöbnisfeier des Landes Tirol im Stift Stams aufgerufen. "Ohne soziales Engagement, das über meine eigenen vier Wände hinausgeht, stirbt eine menschenwürdige Gesellschaft", sagte Bürgler bei der Feier der in Tirol fest verankerten Tradition in Anwesenheit von Günther Platter, Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann sowie weiteren Mitgliedern der Tiroler Landesregierung. Das Wachsein für Nöte anderer lasse die handelnde Person selbst nicht zu kurz kommen, sondern verleihe ihr "ein Plus an Sinn und Lebensfreude", so Bürgler. Es sei dies auch der Weg Jesu - und nicht etwa Anschuldigung, Konfrontation oder Aggression.
Mit Verweisen auf das jeweils am dritten Freitag nach Pfingsten gefeierte Herz-Jesu-Fest erklärte der Bischofsvikar, Barmherzigkeit sei vor allem eine "Entscheidung", für die der Mensch Übung entwickeln müsse. Wer das "hilfsbereite Herz" zur Grundoption im Leben mache, werde von dieser "auch dann getragen, wenn die Fragen schwierig werden, wenn es Widerstand gibt, wenn Menschenwürde mit Füßen getreten wird, wenn menschenfeindliche Töne die Diskussion bestimmen, wenn mit vereinfachenden Antworten auf Stimmenfang gegangen wird", betonte Bürgler, der bei der Herz-Jesu-Gelöbnisfeier Diözesanbischof Hermann Glettler vertrat, der derzeit am Weltfamilientreffen in Rom teilnimmt.
Zu Solidarität und Zusammenhalt appellierte auch Landeshauptmann Platter, der den Herz-Jesu-Gelöbnistag wie schon in den Vorjahren wieder als "Tag der Herzlichkeit" ausgerufen hatte. Es sei die Gelegenheit, allen in Tirol zu danken, die sich täglich für andere engagieren und ehrenamtlich tätig sind, sagte der Landeshauptmann. Ledl-Rossmann betonte, Werte wie Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Güte seien "gerade in Zeiten wie diesen wichtiger denn je". Die Landtagspräsidentin war auch diejenige, die stellvertretend für das Land und den Landtag die Herz-Jesu-Gelöbnisformel im Rahmen des Gottesdienstes erneuerte. Davor hatte es einen landesüblichen Empfang mit der Stamser Hauptmann-Alois-Kluibenschedl-Schützenkompanie, der Musikkapelle Stams und Abordnungen der Tiroler Traditionsverbände gegeben.
Tradition in Tirol tief verankert
Die Herz-Jesu-Tradition ist in Tirol nach wie vor fest verankert. Alljährlich am "Herz-Jesu-Sonntag" - dem dritten Sonntag nach Pfingsten - erneuern die katholischen Gläubigen in den Tiroler Kirchen ein Gelöbnis zum Heiligsten Herzen Jesu. Abordnungen der Traditionsverbände nehmen im ganzen Land an Gottesdiensten und Prozessionen teil, an denen teils auch Schützen defilieren. Die schon aus vorchristlicher Zeit stammenden Sonnwendfeuer auf den Bergen sind seit dem Jahr 1796 als "Herz-Jesu-Feuer" weit verbreitet und locken alljährlich tausende Touristen.
Das Fest bezieht sich auf die Überlieferung des Lanzenstichs eines römischen Hauptmannes in das Herz des gekreuzigten Christus. Aus der Wunde flossen "Blut und Wasser", heißt es im Evangelium (Joh 19,33). Blut und Wasser sind Symbole für die Sakramente der Eucharistie und der Taufe, zudem gilt das geöffnete Herz als "Ursprung der Kirche". Das Herz Jesu gilt als Zeichen der Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes; in Folge von Visionen u.a. des in Tirol tätigen Kirchenlehrers Petrus Canisius im Jahr 1549 oder der heiligen Margareta Maria Alacoque in Frankreich 1673 entwickelte sich in Tirol im 18. Jahrhundert dessen Verehrung. Offiziell eingeführt wurde der am dritten Freitag nach Pfingsten begangene Gedenktag allerdings erst 1856 von Papst Pius IX.
Ein fester Brauch bildete sich in den Kriegswirren von 1796, als Tirol nach langer Friedenszeit völlig unvorbereitet vom Nahen der französischen Truppen überrascht wurde. Die Vertreter der Landstände griffen den Vorschlag des Stamser Abtes Sebastian Stöckl auf, das Land dem "Herzen Jesu" anzuvertrauen und so um besonderen, göttlichen Beistand zu bitten. Sie gelobten ein alljährliches feierliches Begehen des Festes des Heiligsten Herzen Jesu und lösten das Versprechen Tage darauf erstmals ein. Als die Truppen von Andreas Hofer dann in der Schlacht bei Spinges 1797 überraschend gegen die Franzosen und die Bayern siegten, wurde der Herz-Jesu-Sonntag zum hohen Feiertag.
Festtag des Miteinanders
Der "Tag der Herzlichkeit" am Herz-Jesu-Fets ist eingebettet in die Initiative "Offene Herzen", die der Bischof-Stecher-Gedächtnisverein heuer zum siebten Mal durchführt in der erklarten Absicht, eine Kultur des Helfens und des Miteinanders zu fordern. Im Rahmen der Aktion gab es unter anderem Gesprächsabende, Konzerte in Alten- und Pflegeheime, Straßenaktionen der Citypastoral wie auch Beiträge im ORF-Fernsehen, die das ehrenamtliche Engagement in Tirol zum Thema machen. Vertreter der Caritas und des Landes berichteten zudem in einer Pressekonferenz über Soziale Notlagen in Tirol, heuer mit dem Schwerpunkt Familie und Flüchtlinge aus der Ukraine. (Infos: www.bischof-stecher-verein.at)
Quelle: kathpress