Landau an Regierung: Valorisierung von Sozialleistungen vorziehen
Caritas-Präsident Michael Landau hat seinen Appell an die Regierung, die Valorisierung von Sozialleistungen vorzuziehen, bekräftigt. Man sei der Regierung zwar sehr dankbar für die beschlossenen und im Herbst stufenweise in Umsetzung gehenden Teuerungsausgleichsmaßnahmen, zugleich aber gebe es zahlreiche Menschen wie Mindestpensionisten und Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe, die durch diese Maßnahmen kaum erreicht würden. Angesichts der für September angekündigten neuerlichen Energiepreiserhöhungen brauche es daher eine Vorziehung der geplanten Valorisierung der Sozialleistungen. "Das gehört aneinandergekoppelt, sonst kommt es zu sozialen Verwerfungen", betonte Landau im Gespräch mit Kathpress.
Der Caritas-Präsident äußerte sich am Rande eines Arbeitsgesprächs und Ortstermins mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Caritas-Generalsekretärin Anna Parr sowie dem geschäftsführenden Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner am Donnerstagnachmittag in der Caritas-"Klimaoase" in der Pfarre Wien-Breitensee. Im Zentrum der Gespräche standen Fragen des sozialen Ausgleichs angesichts der Inflation und Teuerung sowie mögliche Gegenmaßnahmen. Zwei Tage zuvor war die Caritas-Spitze bereits in dieser Frage mit Bundeskanzler Karl Nehammer (VP) zu einem Arbeitsgespräch zusammengetroffen. Die Gespräche seien in großer Offenheit geführt worden, so Landau. "Ich habe den Eindruck, die Regierung interessiert sich wirklich für die Realität der Menschen, die wir Tag für Tag in unseren Einrichtungen, Beratungs- und Lebensmittelausgaben erleben."
Konkret erhofft sich Landau Nachschärfungen in den Hilfen für Mindestpensionisten und arbeitslose Menschen: In der Bankenkrise habe das Wort von "too big to fail" die Runde gemacht, in der Corona-Krise zuletzt das Wort "whatever it takes" - entsprechend erwarte er sich auch jetzt angesichts der dramatischen Entwicklung im Bereich des Sozialen einen "Schutzschirm für die besonders betroffenen Menschen" - und einen Kampf "mit gleicher Entschiedenheit wie damals zur Rettung von Banken und Wirtschaft", so Landau. Wichtig sei dabei vor allem: "Es muss schnell gehen - die Zeit drängt, viele Menschen sind bereits in einer verzweifelten Situation."
Generalsekretärin Parr fügte hinzu, dass es auch langfristige strukturelle Maßnahmen brauche, da Inflation nicht nur einmal, sondern auf Dauer und mit jeder neuen Rechnung sichtbar werde: "Eine Reform der Sozialhilfe und auch die Anhebung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sehen wir als dringend notwendig - ganz einfach, weil diese Maßnahmen den Menschen auch dauerhaft helfen würden."
Kogler: Sondertopf für Härtefälle denkbar
Vizekanzler Werner Kogler zeigte sich offen für die Anliegen der Caritas. Man stimme "in weiten Teilen in Analyse und Lösungsvorschlägen überein", so Kogler im Gespräch mit Kathpress. Dies betreffe auch die Situation von Geringverdienern, Mindestpensionisten und Arbeitslosen: "Wir haben das Anliegen der Caritas nicht nur gehört, sondern sehen es als berechtigt an und suchen nach Möglichkeiten, da noch kurzfristig nachzulegen". Konkret könne er sich etwa einen Sondertopf für besondere Härtefälle vorstellen. Auch eine erneute Erhöhung einzelner Leistungen sei kurzfristig denkbar. Dazu brauche es aber noch einer genaueren Abstimmung - u.a. mit den Hilfsorganisationen wie der Caritas und anderen, deren Expertise er sehr schätze, so Kogler.
Beeindruckt zeigte sich der Vizekanzler darüber hinaus vom Besuch in der "Klimaoase" und den Lebensmittelausgabestellen der Pfarr-Caritas. "Klimaoasen sind eine super Sache", so Kogler unter Verweis auf die steigende Zahl an Hitzetagen und den Auswirkungen auf Menschen gerade in der Stadt. Sie seien nicht nur Orte zum Durchatmen, sondern auch "eine tolle Initiative gegen Einsamkeit", so der Vizekanzler.
Abkühlung und Gemeinschaft
Die Caritas-"Klimaoase" ist ein Projekt, das seit 2020 in rund 20 Pfarren in Wien und Niederösterreich umgesetzt wird. Ziel der Öffnung von Pfarrgärten ist es, für Personen, die besonders unter den Auswirkungen von Armut, Isolation und Klimakrise leiden, einen Ort zu schaffen, an dem Menschen aus den umliegenden Grätzeln Abkühlung und Gemeinschaft finden können. Freiwillige versorgen die Gäste mit Getränken und einfachen Mahlzeiten. Allein im Vorjahr zählte das Projekt mit mehr als 200 Freiwilligen knapp 3.400 Gäste.
Caritasdirektor Schwertner ergänzte dazu, im Winter würden die "Klimaoasen" wieder in "Wärmestuben" verwandelt; schließlich sei es der Caritas ein Anliegen, dass niemand frieren müsse. "Wir wollen noch mehr Hilfe möglich machen, damit niemand in den eigenen vier Wänden frieren muss und damit Menschen nicht vor der Frage stehen, ob sie das verbliebene Geld zu Monatsende für Essen oder Heizen ausgeben sollen." Der Appell laute daher: "Wenn wir uns aktuell mit massiven Teuerungen und einer Rekordinflation konfrontiert sehen, sollte die Bundesregierung auch mit rekordverdächtigen Anstrengungen alles daran setzen, um den Sozialstaat in unserem Land jetzt armutsfest auszugestalten."
Quelle: kathpress