
Neuwirth: Guter Journalismus muss auch lösungsorientiert sein
Eine Lanze für einen kritisch-konstruktiven Journalismus hat die Präsidentin des Verbandes Katholischer Publizistinnen und Publizisten Österreichs, Gabriele Neuwirth, gebrochen. Guter Journalismus müsse immer auch lösungsorientiert sein, so die Journalistin, die am 31. August ihren 75. Geburtstag feiert. Sie äußerte sich im Interview mit dem steirischen "Sonntagsblatt" (aktuelle Ausgabe), in dem sie einst ihre ersten beruflichen Erfahrungen sammelte.
Der bisher geltende journalistische Grundsatz "Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten" sei ein Ergebnis der im Menschen verankerten Drama-Sucht. Neu sei aber: "Den Leuten reicht's. Sie beginnen sich der Masse an Krisenberichterstattung zu verweigern." Eine der verantwortungsvollen Antworten darauf sei der kritisch-konstruktive Journalismus, so Neuwirth: "Eine Krise wird faktengetreu geschildert, Lösungsvorschläge werden aufgespürt und auf Tauglichkeit abgeklopft. Das ist nicht Wohlfühljournalismus, zeigt aber ein Licht am Ende des Tunnels."
Im Verband Katholischer Publizistinnen und Publizisten Österreichs forciere man den Lernprozess dieser journalistischen Art von Berichterstattung bewusst, u. a. durch Stipendien, so Neuwirth. Sie wurde erst im vergangenen Mai als Präsidentin des Verbandes wiedergewählt.
Zur Frage, welche Impulse die Medien angesichts zunehmender Aggressivität in der Kommunikation setzen sollten, meinte Neuwirth: "Das stärkste Mittel, über das die Medien verfügen, ist die Sprache. Sie kann Hass, Verzweiflung, Angst und Gewalt schüren. Davor schützen korrekte Recherche und verantwortungsvolle Wortwahl." Das stärkste Mittel gegen Hass im Netz, gegen absichtliche Falschmeldungen (Fake News) und Manipulationen sei die Vermittlung der Fähigkeit, Medien sinnvoll zu nutzen.
Kirchenzeitungen müsse auszeichnen, dass sie durch Information den Zusammenhalt fördern und stärken sowie den Diskurs über Glaubensfragen und kirchliche Problembereiche begleiten, so Neuwirth.
Bunte journalistische Karriere
Gabriele Neuwirth wurde 1947 im steirischen Wildon geboren, wo sie auch jetzt wieder lebt. Sie machte zunächst eine Ausbildung zur Volksschullehrerin in Graz, ehe sie von 1968 bis 1985 als Redakteurin des steirischen "Sonntagsblattes" tätig war. Anschließend studierte sie in Wien Politikwissenschaft, Entwicklungspolitik, Philosophie und Zeitgeschichte und schrieb gleichzeitig als freie Journalistin für diverse Tageszeitungen.1992 war Neuwirth Mitbegründerin der Tageszeitung "täglich alles" und leitete hier das Ressort Innenpolitik, ehe sie von 1994 bis 1998 dieselbe Funktion bei der Wiener Redaktion der Tyrolia-Wochenzeitung "präsent" übernahm. Von 1998 bis zu ihrer Pensionierung mit Jahresbeginn 2009 war sie Redakteurin bei der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" im Ressort Politik/Sozialpolitik. Parallel dazu war und ist Neuwirth in zahlreichen weiteren Funktionen engagiert, darunter seit 1994 als Lehrende und Mitgestalterin der Katholischen Medienakademie (KMA). 2018 wurde Neuwirth der Professorentitel verliehen.
Seit 2005 prägt Neuwirth als Vorsitzende den Verband Katholischer Publizistinnen und Publizisten als Unterstützungsnetzwerk für Medienschaffende, u.a. durch den Start einer Journalismus-Jobbörse im Verbands-Newsletter und die Förderung von Jungjournalisten. Der vor 65 Jahren gegründete Verband umfasst aktuell rund 370 Mitglieder. Aufgenommen werden nicht nur Katholiken, sondern auch Mitglieder einer der im Ökumenischen Rat vertretenen Kirchen. Der Verband stellt auch Presseausweise an hauptberuflich tätige Journalisten gemäß den Richtlinien des dafür zuständigen Kuratoriums aus. Kommunikationsschiene ist der Newsletter "PUBLIcum" mit Medieninfos, Terminen, Recherchetipps und Job-Service und die neu gestaltete Website. (Info: https://www.kath-publizisten.at)
Quelle: kathpress