Asyl: Schwertner plädiert für Reform der Grundversorgung
Der Wiener geschäftsführende Caritasdirektor Klaus Schwertner plädiert für eine Reform der Grundversorgung. Ein halbes Jahr nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs sehe er nun den richtigen Zeitpunkt dafür gekommen, schreibt Schwertner in einem Gastkommentar in der Wiener Stadtzeitung "Falter" (Ausgabe 35/22, 31. August). Eine Reform böte auch Möglichkeiten, so Schwerter, "wenn schon nicht aus humanitären, dann doch aus wirtschaftlichen Gründen". Wenn es etwa gelingen würde, Menschen für Mangelberufe in Österreich zu gewinnen, "dann liegen hier auch Chancen - etwa im Pflegebereich, im Tourismus oder in anderen Mangelberufen", zeigt sich Schwertner überzeugt.
Eine oft zitierte "Zeitenwende im Asylwesen" finde derzeit nur für Geflüchtete aus der Ukraine statt, kritisiert Schwertner. "Menschen aus Aleppo und Kabul werden außen vor gelassen. Die einen seien Vertriebene, die unsere Nachbarschaftshilfe verdienen. Die anderen werden als Illegale geächtet, eine individuelle Schutzbedürftigkeit wird ihnen zumindest im politmedialen Diskurs pauschal abgesprochen."
Schwertner versteht laut seinen Worten zwar, dass nicht jeder, der Asyl beantrage, solches auch erhalten könne, aber, "sind die Bomben, vor denen Menschen fliehen, nicht da wie dort die gleichen?" Wer Schleppern das Handwerk legen wolle, könne das tun, ohne die Schaffung sicherer und legaler Fluchtmöglichkeiten nach Europa und humanitärer Aufnahmeprogramme werde es aber nicht gehen.
Ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine haben knapp 80.000 Menschen aus dem Kriegsland in Österreich vorübergehend Schutz gefunden. Die Solidarität der Zivilbevölkerung sei enorm, und das, obwohl die Menschen die Folgen von Inflation und Teuerungen täglich zu spüren bekämen, betont der Caritasdirektor.
Pragmatismus gefordert
Auch die Bundesregierung hätte bereits kurz nach Ausbruch des Kriegs im Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine "vieles richtig gemacht", ortet Schwertner. Die Tatsache, dass Geflüchtete aus der Ukraine Rechtssicherheit haben, nicht erst lange Asylverfahren durchlaufen müssen und zumindest theoretisch rasch am Arbeitsmarkt Fuß fassen können, sei "ein Meilenstein in Österreichs Asylpolitik", so Schwertner. Auch beim Zugang für ukrainische Geflüchtete zur Familienbeihilfe habe sich letztlich ein gewisser Pragmatismus durchgesetzt.
Dieser Pragmatismus drohe nun im "Dickicht eines föderalen Asylsystems" wieder ins Leere zu laufen, fürchtet Schwertner. Besonders bei der Bereitstellung von Unterbringungen würde, ohne den Einsatz der Zivilgesellschaft und großer Hilfsorganisationen, das Versagen der Republik längst offen zutage liegen, kritisiert der Caritasdirektor. Trotz massiver Teuerung hätten Initiativen und tausende Menschen in Österreich Geflüchtete bei sich untergebracht. "Zugleich sind die meisten Bundesländer nicht willens oder in der Lage, ausreichend Plätze in der Grundversorgung sicherzustellen - eine ureigene staatliche Aufgabe, die nur von Bund und Ländern gemeinsam bewältigbar ist."
Ukrainerinnen und Ukrainer und geflüchtete Menschen aus anderen Ländern würden sich aktuell verstärkt an die Essensausgaben der Caritas wenden, so Schwertner. Habe die Caritas der Erzdiözese Wien vor dem Krieg und der Inflation noch 15 Tonnen Lebensmittel ausgegeben, seien es aktuell pro Woche bis zu 27 Tonnen. Dabei werde immer deutlicher, dass bei der Hilfe ein langer Atem vonnöten sei.
"Umfrageergebnisse werden nicht besser, wenn die Politik damit beginnt, nun gute von schlechten Flüchtlingen zu unterscheiden", zeigt sich der Caritasdirektor überzeugt. Wichtiger wäre es, die eine Not nicht gegen die andere auszuspielen. Es sei beides möglich, "die sozialen Folgen von Inflation und Teuerungen wirksam zu bekämpfen und Menschen jenen Schutz zu bieten, den sie brauchen", so Schwertner abschließend.
Quelle: Kathpress