Bildungsexpertin: Kirche muss Grundvollzüge "traumasensibel" gestalten
Auf mögliche kirchliche Lerneffekte aus der Traumaforschung hat die Feldkircher Bildungswissenschaftlerin Prof. Helga Kohler-Spiegel hingewiesen. Gerade angesichts der Traumatisierungs-Erfahrungen vieler Menschen etwa durch Missbrauch im kirchlichen Bereich sollte die Kirche ihre Grundvollzüge nachhaltig "traumasensibel" gestalten, mahnte die Wissenschaftlerin in einem Beitrag für das theologische Debattenportal "feinschwarz.net".
Ob Diakonie, Liturgie, Verkündigung oder Gemeinschaftsleben - in all diesen Bereichen sollte die katholische Kirche aus der Traumaforschung lernen und Umgangsformen bzw. eine "Grundhaltung" einüben, "um das Miteinander von Menschen mit und ohne Trauma-Erfahrungen positiv zu gestalten". Zugleich müsse gerade im Kontext kirchlicher Arbeit das Bewusstsein präsent gehalten werden, "dass Vertreter von Kirche und kirchliche Strukturen selbst zu Tätern von Gewalt wurden und werden, körperlich, psychisch, spirituell-geistlich."
Konkret bedeutet dies laut der Professorin für Human- und Bildungswissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg, dass Kirche "sichere Orte" schaffen und alles fördern müsse, "was die Resilienz von Menschen stärkt". "Biblische Erzählungen, christliche Überzeugungen und religiöse Rituale haben ein großes Potenzial für ein solch stärkendes, traumasensibles Arbeiten", zeigte sich Kohler-Spiegel überzeugt.
Fünf Aspekte gelte es dabei zu beachten, zitierte die Wissenschaftlerin aus einem Positionspapier der deutschen Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik: Es gelte, alle Verhaltensformen traumatisierter Menschen - und seien sie auch noch so fordernd für die Mitmenschen - als Folge und "Überlebensstrategien" nach erlittenen Traumata zu begreifen. Betroffenen Menschen gelte es mit Wertschätzung zu begegnen, um Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein zu stärken. Stärkend wirke für Betroffene weiters das "Erleben von Autonomie, Kompetenz und Zugehörigkeit", ein mehr an Transparenz und schlichtweg mehr "Spaß und Freude" als Grunderfahrung des Glaubens. (Infos: https://www.feinschwarz.net/aus-respekt-vor-den-menschen-traumasensibel)
Quelle: kathpress