Kunstthema Baum: Vermittler zwischen Göttlichem und Menschlichem
"Eine thematische Brücke vom Baum der Erkenntnis zwischen Gut und Böse über den Baum des Wissens bis zum Baum als metaphorische Achse der Welt" verspricht die aktuelle Ausstellung "Grow" im Unteren Belvedere über die Bedeutung des Baumes in der Kunst. Vom Spirituellen über das Rational-Erfahrbare bis zum ökologischen Statement erstrecke sich ein thematischer "Zweig" der Schau mit Werken aus der Sammlung des Belvedere und internationalen Leihgaben, die einen Zeitraum vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart abdecken. Ein Leitmotiv der Schau ist der Baum als "Vermittler zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen", wie das Museum mitteilte.
Kurator Miroslav Hal'ak unterstrich im Interview mit dem "Falter" die religiöse Relevanz des Themas: "Spirituelle Motive sind nicht die einzigen, die den Baum zum Symbol übernatürlicher Kräfte machen, aber wohl die wichtigsten." Die Ausstellung rekurriere vorrangig auf die jüdisch-christliche Tradition, um Beispiele für die Symbolwerdung des Baums zu zeigen. Hal'ak nannte ikonographische Motive wie den "Baum des Lebens" oder die "Wurzel Jesse" über die Abstammung Jesu, auch Heilige wie Christophorus oder Sebastian wiesen oft den Baum als Attribut auf.
Wie sich an den beiden in der Genesis genannten Paradiesbäumen erkennen lasse, sei das Baumsymbol ambivalent, könnte auf Göttliches oder Dämonisches verweisen, wie der Kurator feststellte. Als Gottheiten selbst würden Bäume in der Kunst- und Kulturgeschichte nur selten auftreten; jedenfalls gehörten sie wie auch Sonne, Sterne oder Tiere zu den konstanten, in unterschiedlichen Epochen immer wiederkehrenden Motiven.
Adam und Eva als muskulöses, aus dem Paradies vertriebenes, verzweifeltes Bodybuilder-Paar, dargestellt als "Die Verdammten" von der US-Künstlerin Liza Lou ist ebenso in (Grow" zu sehen wie die eindrückliche Fotografie "Headstanding Totem", in dem die Msgr.-Otto-Mauer-Preisträgerin des Jahres 2014, Nilbar Güres, die zeitgenössische Version einer mythologischen Figur, die in enger Verbindung mit dem Baum auch als Appell an Sensibilität der Umwelt gegenüber gelesen werden kann.
Weiters zu sehen: der personifizierte Baum als Wächter, Einzelgänger, soziales Wesen, Zuhörer, Beschützer oder Klimaretter: "Ob als düstere Projektionsfläche der strafenden Ewigkeit wie in Giovanni Segantinis 'Die bösen Mütter' oder als Erzähler der intimen Geschichte einer friedlichen Idylle wie in 'Blühende Kastanien' von Emilie Mediz-Pelikan - der Baum steht in der Kunst jeweils für die auf ihn projizierten Eigenschaften."
Die Ausstellung "Grow. Der Baum in der Kunst" im Unteren Belvedere ist bis 8. Jänner 2023 täglich von 10 bis 18 Uhr zugänglich. (Link: www.belvedere.at/grow)
Quelle: kathpress