Erzbischof Lackner: Beziehungen zu den Orient-Christen vertiefen
Zu vertieften Beziehungen mit den Christen der orientalischen und orthodoxen Kirchentraditionen hat der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, der Salzburger Erzbischof Franz Lackner, aufgerufen. Lackner hat in den vergangenen Tagen gemeinsam mit dem orthodoxen Metropoliten von Österreich, Arsenios (Kardamakis), und einer hochrangigen Delegation der Stiftung "Pro Oriente" Istanbul besucht. Er sei beeindruckt, so der Erzbischof, wie intensiv die Christen vor Ort unter den eingeschränkten Bedingungen ihren Glauben leben würden. Die Wurzeln des Christentums würden in der Region des Nahen Ostens liegen. Deshalb brauche es den intensiven Kontakt mit den Kirchen dieser Region. "Die Beziehungen dürfen nicht abreißen", so der Appell Lackners.
Die Delegation aus Österreich besuchte am Montag unter anderem die neue syrisch-orthodoxe Kirche im Stadtteil Bakirkoy, wo sie von Metropolit Mor Filuksinos Yusuf Cetin empfangen wurde. Der Kirchenneubau ist der erste in Istanbul seit 100 Jahren. Die Kirche soll Platz für rund 700 Personen bieten. Neben dem eigentlichen Kirchenraum gibt es zwei Obergeschoße mit Versammlungsräumen und eine Tiefgarage mit Parkplätzen. Der Rohbau ist weitgehend fertig, der Innenausbau steht freilich noch an. Man hoffe, bis zum Jahresende mit den Arbeiten fertig zu werden, so Metropolit Cetin.
Die Angaben über die Zahl der syrisch-orthodoxen Christen in Istanbul schwanken zwischen 12.000 und 17.000. Die Syrisch-orthodoxe Kirche besitzt in Istanbul im Stadtteil Tarlabasi in Beyoglu eine im 19. Jahrhundert gebaute Kirche mit angeschlossenem Gemeindezentrum, wo auch Bischof Cetin residiert. Die Kirche ist aber längst zu klein. Deshalb bemühte man sich schon des längeren um eine zweite Kirche. Derweilen genossen und genießen die syrisch-orthodoxen Gläubigen Gastfreundschaft in einigen katholischen Kirchen. Metropolit Cetin dankte stellvertretend dafür Erzbischof Lackner; ebenso Metropolit Arsenios, denn die Griechisch-orthodoxe Kirche in Istanbul stellt den Syrisch-orthodoxen einen Teil eines orthodoxen Friedhofs zur Verfügung.
Das Grundstück, auf dem nun die neue syrische Kirche gebaut wird, war der Katholischen Kirche im Jahr 1868 von einem Gemeindemitglied vermacht und als Friedhof genutzt worden. Auf dem Gelände befindet sich auch noch eine kleine katholische Friedhofskapelle. Im Jahr 1950 wurde das Areal vom Staat eingezogen und in städtischen Besitz überführt, der Friedhof wurde geschlossen. 2009 ordnete der damalige Premierminister Recep Tayyip Erdogan die Istanbuler Stadtverwaltung an, nach einem Grundstück für den Kirchenbau zu suchen. Den Plan für den Neubau hatte offiziell bereits 2015 der damalige Ministerpräsident Ahmet Davatoglu verkündet. Dann hatte aber nochmals die türkische Bürokratie den Baubeginn für mehrere Jahre verzögert. Die feierliche Grundsteinlegung erfolgte schließlich 2019.
Metropolit Cetin kündigte gegenüber der Österreich-Delegation an, dass man sich nach der Fertigstellung der Kirche auch um die Renovierung des Friedhofs und der katholischen Kapelle annehmen werde. "Die neue Kirche ist eine Kirche nicht nur für die Syrisch-orthodoxen, sondern für alle Christen", so der Metropolit wörtlich. Und er fügte hinzu: "Wir sind eine Familie. Jesus Christus verbindet uns."
Im armenischen Patriarchat
Am Montag war die Delegation auch beim armenischen Patriarchen von Istanbul, Sahak II. (Mashalian), zu Gast. Laut dem armenischen Patriarchen leben in der Türkei maximal noch 85.000 Christen. Angesichts von 85 Millionen Türken könne man bei 0,1 Prozent der Bevölkerung eigentlich nicht einmal mehr von einer Minderheit sprechen, so der Patriarch. Er bezeichnete die Situation auch als "demografische Katastrophe".
Dennoch versuche die armenische Kirche, die noch bis zu 60.000 Mitglieder zählt, das kirchliche und gesellschaftliche Leben aufrechtzuerhalten. Noch gibt es 17 armenische Schulen mit insgesamt rund 3.000 Schülerinnen und Schülern, drei armenischsprachige Tageszeitungen und einer Reihe von armenischen Kulturorganisationen. Die Schulen dürfen laut Gesetz nur von armenischen Kindern besucht werden.
Die überwiegende Mehrheit der armenischen Christen, die freilich alle türkische Staatsbürger sind, lebt in Istanbul. Die überwiegende Mehrheit der armenischen Christen, die türkische Staatsbürger sind, lebt in Istanbul. Während der jüngsten Kämpfe zwischen Aserbaidschan und Armenien musste die Polizei die bestehenden Schutzmaßnahmen für das armenische Patriarchat bzw. die angrenzende Kathedrale verstärken.
Der Patriarch betonte im Gespräch auch, dass es für die Christen zwar viele Probleme im Land gebe, die Situation sich seit dem Regierungsantritt der AKP aber deutlich verbessert habe.
Besuch beim Ökumenischen Patriarchen
Am Sonntag war die Österreich-Delegation vom Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios empfangen worden. Lackner wie auch Bartholomaios bekannten sich bei dem Austausch zu verstärkten Bemühungen in der Ökumene wie auch zum Einsatz für Frieden in der Welt. Bei dem Empfang im Phanar, dem Amtssitz des Patriarchen, wurde auch gemeinsam für den Frieden und die Einheit der Kirchen gebetet. Vor dem Empfang nahm die Delegation an der sonntäglichen Göttlichen Liturgie in der Georgskathedrale im Phanar teil.
Metropolit Arsenios, der gemeinsam mit "Pro Oriente" die Reise vorbereitet hatte, zog eine positive Bilanz der zahlreichen Begegnungen. Solche Besuche vor Ort würden zum einen die Präsenz der kleinen christlichen Minderheit stärken, zum anderen seien sie ein wichtiger Schritt für vertiefte ökumenische Beziehungen.
Erzbischof Lackner dankte "Pro Oriente" für das international anerkannte Engagement, das auch von den Gastgebern in Istanbul deutlich gewürdigt worden war. Er nahm die Stiftung für eine Weiterführung ihres gesamtkirchlich wichtigen Dienstes aber auch in die Pflicht. "Pro Oriente"-Präsident Kloss hob hervor, dass die Reise wieder einmal deutlich gemacht habe, wie wichtig alle ökumenischen Bemühungen seien. Die Christinnen und Christen müssten sich gemeinsam den vielfältigen Herausforderungen der Gegenwart stellen, so der Appell des Präsidenten. "Pro Oriente" werde sich dafür im Rahmen der Möglichkeiten der Stiftung nach Kräften einsetzen.
Quelle: kathpress