Wiener Musikverein präsentiert Konzertreihe für Menschen mit Demenz
Am Montag startete im Wiener Musikvereins mit der Konzertreihe "Souvenir" ein Angebot, das sich explizit an demenzkranke Personen und ihre Angehörigen richtet. In Zusammenarbeit mit der Kunstuniversität Wien und der Caritas wurde gemeinsam mit der Initiative "Promenz" ein Konzept ausgearbeitet, das den Betroffenen eine barrierefreie Möglichkeit zum Konzertbesuch im Brahms-Saal bietet. Durch eine offenere Bestuhlung, die ein freies Herumgehen ermöglicht, durch kurzweilige Moderation und ein auf Demenzkranke geschultes Personal sollen die speziellen Bedürfnisse der Konzertbesucherinnen und -besucher erfüllt und ein weiterer Schritt zu mehr Inklusion gemacht werden, wie es vor Beginn des ersten Konzertes im Rahmen einer Pressekonferenz hieß. In der Saison 2022/23 finden sechs Konzerte statt.
Das Angebot sei geschaffen worden, um das Programm des Musikvereins offener und diverser zu gestalten. Wie der Intendant des Musikvereins, Stephan Pauly, bei der Pressekonferenz festhielt, sei es ein strukturelles Problem, dass immer noch viele Menschen vom Konzertprogramm ausgeschlossen seien. Dies habe häufig finanzielle oder sprachliche Gründe, oder stünde, wie im Fall von demenzkranken Personen, häufig im Zusammenhang mit Scham. Diese Barriere wolle man mit der Konzertreihe nun abbauen.
"Es ist Zeit, die Barrieren im Kopf abzubauen - diese blockieren nur das Tempo von Veränderung", meinte auch der Wiener geschäftsführende Caritasdirektor Klaus Schwertner, der die Zusammenarbeit mit dem Musikverein sehr begrüßte. Die Gesellschaft müsse anfangen zu "akzeptieren, dass es normal ist, unterschiedlich zu sein." Mit der Konzertreihe sei ein Platz des Wohlfühlens aus der Taufe gehoben worden, wo Menschen sie selbst sein könnten. Dass der Musikverein sich in der Sache engagiert, sei ein schönes Zeichen, dass Aufmerksamkeit generieren könne, so Schwertner. Und da Demenz eine Krankheit ist, die die Gesamtgesellschaft betrifft, sei dies von besonderer Wichtigkeit. Immerhin seien derzeit 150.000 Menschen in Österreich betroffen, eine Zahl, die sich bis 2050 verdoppeln wird, so Schwertner.
Musik als Türöffner
Andreas Trubel ist selbst Betroffener und war als Vertreter der Initiative "Promenz" bei der Ausarbeitung der Konzertreihe maßgeblich beteiligt, indem er seinen Erfahrungsschatz zur Verfügung stellte. Trubel, der den Begriff "Vergesslichkeit" bevorzugt, da er weniger Angst schüre als "Demenz", war überzeugt davon, dass mit der Konzertreihe der Stigmatisierung entgegengewirkt werden könne. So sei eine Möglichkeit geschaffen worden, den betroffenen Menschen und den Angehörigen Freiheit zurückzugeben.
"Musik fungiert als Türöffner", so die Musikpädagogin Veronika Mandl, die für die Repertoireauswahl verantwortlich ist. Dabei war es ihr ein Anliegen, einen möglichst breiten Geschmack zu treffen und Lieder zu wählen, die aus der Jugendzeit des Publikums stammen. Sie freue sich bereits auf die Konzertreihe. Die Musikerinnen und Musiker wurden darauf vorbereitet, auf die Reaktionen der Besucherinnen und Besucher zu reagieren, wobei jede Reaktion willkommen sei und keine Regeln gelten. Die Rektorin der Wiener Kunstuniversität, Ulrike Sych, fügte entsprechend hinzu, wozu Musik in der Lage sei, nämlich: "Vergessen Geglaubtes wieder hervorzuholen!"
Die Konzerte im Wiener Musikverein finden an sechs Terminen jeweils um 15 Uhr im Brahm-Saal statt und dauern rund eine Stunde. Die Veranstaltungen sind offen für alle Interessierten.
Weitere Termine und Infos: www.musikverein.at/magazin/2022/november/souvenir
Quelle: kathpress