Wiener Friedensexperte: "Bemühen um Frieden ist ständiger Prozess"
Bei Friedensverhandlungen gibt es keinen Schlusspunkt, das Bemühen um den Frieden "ist ein ständiger Prozess" und mehr als die Abwesenheit von Gewalt: Das betonte der Wiener Politikwissenschaftler Christian Wlaschütz bei der diesjährigen Fachtagung "Dialog für Eine Welt", die unlängst in Wien zu Ende gegangen ist. Veranstaltet wurde die Tagung vom Fachbereich "Kirche im Dialog / Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit" der Erzdiözese Wien. Unter dem Titel "Wie geht Frieden?" zeigte Wlaschütz das Spannungsverhältnis zwischen Friedenspolitik und Gewaltfreiheit auf: "Hört man beim Fahrradfahren auf, in die Pedale zu treten, fällt es um. Ebenso ist das Bemühen um Frieden ein ständiger Prozess."
Die Herausforderung dabei sei die Komplexität von Frieden: Dieser sei direkt abhängig von zahlreichen Faktoren wie Umwelt, Menschenrechte, Demokratie oder Wirtschaft. So würden sich Umweltkrisen unmittelbar auf den Frieden auswirken, ebenso beeinflussen gesellschaftspolitische Entscheidungsprozesse die Friedensentwicklung in Ländern. Elemente zur Friedensförderung wie jene der Vermittlung, Verhandlung und Versöhnung können laut Wlaschütz erst dann zum Frieden beitragen, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt gefördert und durchgeführt werden.
Wie Frieden konkret aufgebaut und gelebt werden kann, zeigte Birgit Mbwisi-Henökl, katholische Religionslehrerin am Bildungscampus Flora Fries in der Wiener Friesgasse im 15. Wiener Gemeindebezirk, auf. Das Projekt "make:Peace" sensibilisiert Lehrende, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern, gewaltfrei mit Konflikten im Alltag umzugehen. Peer-Mediation, Transparenz bei Entscheidungen, ein eigens eingeführter "Peace Award" und interreligiöse Feiern sind Maßnahmen, mit denen der Bildungscampus Flora Fries die interreligiöse und interkulturelle Friedens- und Konfliktkompetenz fördern möchte.
Die Bemühungen zeigen Früchte: Seitdem in der Schule die Möglichkeit eingeführt wurde, auftretende Probleme im Rahmen eines Klassenrates gemeinsam zu diskutieren, sei0 die Zahl der gewalttätigen Konflikte merklich zurückgegangen. "Wenn wir zusammenkommen, um zu reden, dann schaffen wir einen Raum der Würde", berichtete Mbwisi-Henökl.
Friedens- und Versöhnungsarbeit
Ziel der Veranstaltung "Dialog für Eine Welt" war es, in Impulsreferaten und Workshops unterschiedliche Zugänge zum Thema Frieden samt konkreter Beispiele aufzuzeigen. Die Fachtagung wird jedes Jahr vom Fachbereich "Kirche im Dialog / Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit", einem Teil des Pastoralamtes der Erzdiözese Wien, ausgerichtet. Glaube und Religion werden dabei als sinnstiftende Motivation für religionsübergreifendes, gesellschaftliches Engagement hervorgehoben. Neben der katholischen und evangelischen Kirche waren auch Vertreterinnen und Vertretern der Baha'i-Religion, des Islams und des Sikhismus sowie der Alevitischen Glaubensgemeinschaft Österreichs an der Veranstaltung beteiligt.
Quelle: kathpress