Wirtschaftsethiker ortet "Megatrend" bei ethischen Geldanlagen
Von einem "Megatrend" ethischer Geldanlagen spricht der Finanzexperte Klaus Gabriel im Interview in der aktuellen Ausgabe der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt". "Waren es in Österreich bis vor ein paar Jahren 2, 3 Prozent, so sind jetzt bereits etwa ein Viertel der Investmentfonds nachhaltig ausgerichtet", so der Wirtschafts- und Finanzethiker. Außerdem gebe es einen Aktionsplan der Europäischen Union zur Förderung nachhaltigen Investierens und fast alle Finanzdienstleister gingen derzeit in diese Richtung. Lobend hob Gabriel zudem die 2017 von der Österreichischen Bischofskonferenz beschlossene "Richtlinie Ethische Geldanlagen" (FinAnKo) hervor.
Wissenschaftliche Studien würden zeigen, dass ethisch-nachhaltige Investitionen nicht automatisch schlechter sind. Derzeit gebe es allerdings Sondereffekte. "Beteiligungen an Rüstungsunternehmen oder Energieunternehmen sind in diesem Jahr aufgrund der Krisen ertragreicher, was in ethischer Sicht natürlich schmerzt", erklärte Gabriel. Dass es oft ein Auf und Ab gibt, müsse man auch als Investor von ethisch-nachhaltigen Finanzprodukten aushalten.
Auf die Kompetenz in der Kirche bei Finanzfragen angesprochen, meinte Gabriel: "Es gilt zu unterscheiden zwischen Finanz- und Ethikwissen. Diözesane Finanzkammerdirektoren oder Ordensökonomen müssen in beiden Bereichen kompetent sein und sich ständig weiterbilden. Unterstützend richtet man manchmal Beiräte ein, die helfen, die Geldanlage sowohl ökonomisch als auch ethisch-nachhaltig zu optimieren." Das ethisch nachhaltige Investment sei derzeit für kirchliche Finanzreferenten eine von mehreren Herausforderungen, da Corona und Kirchenaustritte schwerwiegend sind. Aber: "Es gab in den letzten Jahren definitiv einen Bewusstseinswandel für ethisch-nachhaltiges Investieren."
Ganz zentral sei in diesem Zusammenhang auch die "Richtlinie Ethische Geldanlagen" (FinAnKo) der Bischofskonferenz. Die darin enthaltenen Kriterien folgten dem bewährten Dreiklang einer christlichen Ethik und lauteten Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, erläuterte Gabriel.
Die Richtlinie benenne drei Dimensionen des ethisch-nachhaltigen Investierens: verhindern - fördern - verändern. Zuerst gehe es um Ausschlusskriterien: "Dass etwa nicht in Unternehmen investiert wird, die Suchtmittel, gewaltverherrlichende Videos oder Rüstungsgüter herstellen." Diese Liste umfasst mehr als 30 Themenbereiche, z. B. auch Müllexporte, Gentechnik oder Geldwäsche.
In einem zweiten Punkt gehe es um das gezielte Fördern von Unternehmen, um etwa die Nachhaltigkeitsziele der UNO zu erreichen. Und in einem dritten Punkt gehe es um die Transformation von Unternehmen und Wirtschaftsweisen hin zu mehr Nachhaltigkeit: "Dass mit Dialog Überzeugungsarbeit geleistet oder mit der Ausübung von Stimmrechten bei Aktionärsversammlungen Druck ausgeübt wird, etwa in Bezug auf die Einhaltung von Menschenrechten", so Gabriel.
Die beiden letzten Punkte - fördern und verändern - müssten in der Richtlinie aber noch konkretisiert werden, führte der Experte aus. Hierzu habe die Bischofskonferenz die Ständige Kommission FinAnKo ins Leben gerufen. Gabriel: "Ein sechsköpfiges Expertengremium, dem ich auch angehören darf, hat den Auftrag, die Richtlinie weiterzuentwickeln."
Die FinAnKo-Richtlinie sei jedenfalls alles andere als "zahnlos", da sie für die Diözesen verpflichtend sei, betonte der Experte: Nachsatz: "Ein Umstand, der international Beachtung findet und auch gelobt wird."
Quelle: kathpress