
Wildjagd in katholischer Theologie nicht unumstritten
Ist der Abschuss von Wildtieren bei der Jagd moralisch vertretbar oder widerspricht er dem Tierwohl? Auch innerhalb der Kirche gehen hier die Meinungen auseinander, hat die steirische Kirchenzeitung "Sonntagsblatt" in ihrer aktuellen Ausgabe aufgezeigt. Zu Wort kamen dabei die im Dienst der Diözese Graz-Seckau stehende Prozessbereichsleiterin und zudem Försterin und Waldpädagogin Martina Laubreiter sowie der Tierethiker Kurt Remele. Während die eine die Jagd als Notwendigkeit bezeichnete, äußerte der andere tierethische Bedenken und äußerte auch Kritik am kirchlichen Brauch der "Hubertusmessen", mit welcher der Wildtier-Abschuss theologisch legitimiert werde.
Laubreiter als Befürworterin richtete den Blick auf das Gesamtsystem Wald: Dieser sei für den Menschen wichtige Lebensgrundlage, etwa als Rohstofflieferant, erneuerbare Energiequelle, Trinkwasserspeicher, Schutz- und Erholungswald und auch CO2-Speicher. Der Erhalt dieses von vielen Wechselwirkungen zwischen Pflanzen, Tieren und Boden bestimmten, komplexen Ökosystems sei auf die Fähigkeit der Verjüngung des Waldes angewiesen. Zu hohe Wildbestände - laut Wildeinflussmonitoring etwa Reh-, Rot- und Gamswild - stünden dem entgegen.
Die Folgen der etwa in vielen Bezirken der Steiermark feststellbaren Überpopulation: Der vom Wild verursachte Verbiss der Keimlinge und Triebe junger Bäume bewirke eine Entmischung der Wälder, stabilisierende Zukunftsbaumarten wie Tanne und Eiche würden zunehmend verschwinden. Erschwerend komme hinzu, dass viele nicht zeitgemäße Jagdmethoden wie etwa die Trophäenjagd zu einer Beunruhigung des Wildes führen. "Dadurch wird es vermehrt nachtaktiv und eine ausreichende Bejagung schwieriger", erklärte die Expertin.
Die Jagd bleibe "unerlässlich", solange natürliche Feinde wie Wölfe, Bären und Luchse in Österreich nicht toleriert werden bzw. keine geeigneten Lebensräume finden, so der Standpunkt der Försterin. Wildbestände seien ein unverzichtbarer Teil des Ökosystems Wald, und dennoch brauche es eine Senkung der Populationen auf ein waldverträgliches Ausmaß. Statt monetärer Abgeltungen für Wildschäden sei daher jene Form der Jagd vertretbar, die "Mitverantwortung für ein intaktes Ökosystem Wald" übernehme.
Tierethisch "höchst fragwürdig"
Zu einem anderen Schluss kommt der Theologe Kurt Remele, der sich besonders gegen jene Form der Jagd aussprach, die als Hobby oder Freizeitbetätigung durchgeführt werde. Sie sei "höchst fragwürdig", werde dabei doch Wildtier - "also ein fühlendes, schmerzsensibles Mitgeschöpf, das gerne weitergelebt hätte" - in Angst versetzt und mutwillig getötet. Die größten Bedenken hegt der emeritierte Professor für Ethik und christliche Gesellschaftslehre und Fellow des Oxford Centre for Animal Ethics vor allem dort, wo mit Schrot auf Niederwild geschossen wird. Tiere würden dort häufig nur angeschossen und sterben einen qualvollen Tod.
Doch auch anderen Formen der Jagd kann Remele wenig abgewinnen: Subsistenzjagd - zur Nahrungsbeschaffung - oder kommerzielle Jagd seien in Österreich "nicht notwendig", die Jagd zur Reduktion überhöhter Wildtierbestände durch "tierfreundlichere Alternativen ersetzbar". Als solche nannte der Ethiker die Beendigung des Kreislaufes von Winterfütterung und Jagd oder Pflanzenschutzgitter und Abzäunungen sowie die Erhaltung von Lebensräumen von Wildtieren.
Quelle: kathpress