Schönborn lud zur Adventbegegnung
ORF & Religion in Krisenzeit wichtig
Schönborn lud zur Adventbegegnung
ORF & Religion in Krisenzeit wichtig
Gerade in der aktuellen Krisenzeit ist kritische und zugleich den Menschen gegenüber loyale Berichterstattung notwendig - und dafür stehe der öffentliche Rundfunk. Kardinal Christoph Schönborn reihte den ORF bei einer Adventbegegnung für dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Dienstagabend im Wiener Priesterseminar unter jene tragenden Institutionen ein, die zwar gegenwärtig Misstrauen und einem Vertrauensverlust ausgesetzt seien, aber dennoch für die Funktionstüchtigkeit der Gesellschaft sorgten. Auch die Religionsgemeinschaften, deren Vertreter die ORF-Spitze erst kürzlich zu einem Gedankenaustausch geladen hatte, seien in Krisen wichtige Faktoren für "Halt und Sicherheit", so der in der Österreichischen Bischofskonferenz für Medien zuständige Wiener Erzbischof.
Zur von Generalvikar Nikolaus Krasa geleiteten Adventbesinnung in der Kirche des Priesterseminars und dem anschließenden Empfang waren viele Gäste aus dem ORF gekommen: Alexander Hofer, Channelmanager von ORF 2, vertrat den erkrankten ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, Lothar Lockl als Vorsitzender des ORF-Stiftungsrats, Barbara Krenn, Leiterin der ORF-Abteilung Religion und Ethik, hatten sich ebenso eingefunden wie Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka und Mitglieder des Verbands Katholischer Publizistinnen und Publizisten.
Bei Kritik "nicht wehleidig" sein
Kardinal Schönborn bekannte, er habe manchmal unter einer Medienberichterstattung "gelitten", die ihm allzu sehr als "Zerrspiegel" der Wirklichkeit erschienen sei. Allerdings fungierten die Religionsgemeinschaften selbst oft als ein Zerrspiegel der Transzendenz, wie er selbstkritisch anmerkte. Für ein "ehrlich-kritisches Wort" könnten die Kirchen dankbar und sollten dabei "nicht wehleidig" sein. Wohl aber gelte es eine grundsätzliche Wertschätzung für gesellschaftliche Institutionen einzufordern, ohne die eine durch Pandemie, Krieg und andere Herausforderungen ausgelöste Umbruchszeit kaum zu bewältigen sei, so Schönborn. Einrichtungen wie ein funktionierender Rechtsstaat dürften nicht zu selbstverständlich genommen werden, sie müssten vielmehr geschützt und gestärkt werden. Wenn Tragendes in einem Gemeinwesen auseinanderbricht, drohe ein Staat, den der heilige Augustinus mit einer "Räuberbande" verglich, warnte der Kardinal.
Institutionen seien letztlich institutionalisierte Erfahrungen und Tugenden. Ob Religionen immer "Profis" darin gewesen seien, tugendhafte Menschen hervorzubringen, wage er nicht zu behaupten - in allen Religionen gebe es bei aller menschlichen Unzulänglichkeit aber immer das Bemühen darum. So wie Österreich einen verlässlichen öffentlichen Rundfunk brauche, der Unterstützung verdiene, möge auch "lebendige christliche Präsenz" als etwas anerkannt werden, das dem Land sicher nicht schadet - im Gegenteil, wie Schönborn versicherte. Das von seinem Vorredner Alexander Hofer für den ORF angesprochene "Helft uns" gelte somit auch für die Kirchen.
ORF in Debatten über seine Zukunft
Der ORF-2-Channelmanager hatte davor dargelegt, dass sich der ORF in heiklen Debatten über seine Zukunft befinde. Um das bisherige breite Qualitätsangebot fortführen zu können, brauche er eine abgesicherte Finanzierung und eine der heutigen Mediennutzung angemessene digitale Präsenz. Nur dann könne der ORF weiterhin eine Säule der Demokratie und Garant der Vielfalt sein, bat Hofer um Unterstützung für einen gesicherten Weg des öffentlichen Rundfunks in die Zukunft.
Die Wiederaufnahme der pandemiebedingt unterbrochenen Tradition der Adventbegegnung wertete Hofer als Zeichen der kirchlichen Wertschätzung für den ORF. Diese gebe es auch umgekehrt: Glaube, Religion und Ethik haben laut dem Channelmanager einen hohen Stellenwert im Programmangebot. Er verwies auf 20 regelmäßige Programmformate mit diesem Inhalt, mit denen 5,3 Millionen Menschen in Österreich erreicht würden; 660.000 Zuhörende verfolgten durchschnittlich die Gottesdienstübertragungen in den Regionalradios, bis zu einer Million die Reihe "Feierabend" in ORF 2 und auch die Website religion.orf.at verzeichne Zugriffe in Millionenhöhe.
Religiöses hat viel Platz im Programm
Als Programm-Highlights in jüngerer Zeit hob Hofer die 20-teilige Podcast-Reihe der Abteilung Religion über Krieg und Frieden hervor, den Schwerpunkt zum 200. Geburtstag des "Erblehre-Mönchs" Gregor Mendels sowie die vielfach aufgegriffene innerkirchliche Debatte über den Synodalen Prozess. Die ORF-Hauptabteilung Religion und Ethik multimedial befasse sich in der Vorweihnachtszeit unter dem Titel "Füreinander" unter anderem mit Initiativen solidarischen Handelns; neu sei auch das Format "Die gute Minute" mit Mut machenden Impulsen täglich vor der ZIB um 9 Uhr in ORF 2.
Besinnlich begonnen hatte die Adventbegegnung in dem als Spitalskirche errichteten barocken Gotteshaus Santa Maria de Mercede mit Betrachtungen von Generalvikar Krasa zu Texten des Propheten Jesaja u.a. zu einem versöhnenden Festmahl der Völker. Die Bibeltexte las Ö1-Mitarbeiterin Judith Fürst. Johanna Schwanberg, Direktorin des Dom Museums Wien, erläuterte anhand von Exponaten aus der aktuellen Sonderausstellung "Mahlzeit" - einer Fotoserie von Lois Bielefeld - die gemeinschaftsstiftende Funktion des Essens.
Quelle: Kathpress