Experten: Bei Klimagipfel versprochene Anpassung "viel zu wenig"
Die bei der Klimakonferenz COP27 gemachten finanziellen Zusagen der Industriestaaten reichen bei Weitem nicht aus, um die hohen Kosten der ärmsten Länder für die notwendige Anpassung an den Klimawandel zu decken: Der Bedarf sei fünf- bis zehnmal höher, wies Susan Nanduddu, Geschäftsführerin des "African Center for Trade and Development", bei einer am Dienstag veranstalteten Online-Konferenz der ökumenischen Initiative "Klimakollekte" hin. Die aus Uganda zugeschaltete Klimaaktivistin machte dabei besonders auf das Konzept der "Klimagerechtigkeit" aufmerksam. Dieses ethische Konzept erinnert die Länder, die die Hauptverursacher der Erderwärmung tragen, an ihre Verantwortung, global für die daraus folgenden Schäden einzustehen.
"Die G20-Länder sind für drei Viertel aller Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, Afrika für weniger als vier Prozent. Dennoch spürt der Globale Süden die Auswirkungen des Klimawandels disproportional mehr als die Länder des Nordens", sagte Nanduddu. Vergleiche man die Folgen von konkreten Extremwetterereignissen, so sei in afrikanischen Ländern etwa Hochwasser jedes Mal mit deutlich höheren Zahlen von Todesopfern, Verletzten und Betroffenen verbunden als in Österreich. Ostafrika mache besonders die Dürre zu schaffen, "die derzeitige ist die schlimmste Trockenheit der jüngeren Geschichte und hat 16,7 Millionen Menschen in akute Ernährungsunsicherheit gebracht", so die Expertin für Klimaanpassung.
Der COP27 stellte Nanduddu ein durchwachsenes Zeugnis aus. Die Verdoppelung der Klimaanpassungs-Finanzierung sei ebenso wie eine schnellere Abkehr von fossilen Treibstoffen fallen gelassen worden, zudem habe man die Förderung von "Niedrigemissions-Energie" nicht konkretisiert und zu schwach formuliert. Immerhin wolle man nun mit dem neuen Katastrophenfonds von Extremwetterereignissen betroffene Länder beim Wiederaufbau unterstützen. Weiterer Dialog, Austausch und Lernprozesse zur Verringerung der Emissionen und zur Beschleunigung der Klimaanpassung seien wichtig, resümierte die Expertin. Menschen in Industrieländern hätten das "Privileg", ihre Zeit, ihr Geld oder ihren Einfluss für Klimaprojekte einsetzen und selbst ein "Anwalt für Klimagerechtigkeit" sein zu können - was es auch zu nutzen gelte.
Die Geschäftsführerin der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz (KOO), Anja Appel, sprach bei der Konferenz über Österreichs Beitrag zur Klimafinanzierung. 300 Millionen Euro leistet die Alpenrepublik dafür jährlich, davon 45 Millionen durch bilaterale Zuschüsse. Im ägyptischen Sharm el Sheikh wurden dabei zusätzlich 40 bis 60 Millionen Euro jährlich für die Zeit bis 2026 versprochen, davon 12,5 Millionen für den Katastrophenfonds, auf den sich die Regierungen verständigt haben. Für die Politologin Appel ist dies zwar "ein Schritt in die richtige Richtung", er sei aber "in keinster Weise dem Ausmaß des Problems entsprechend" und im Vergleich etwa mit Deutschland zu klein.
Unvermeidliches CO2 kompensieren
Einblicke in die Tätigkeiten des Kompensationsfonds christlicher Kirchen, der "Klimakollekte", gab deren Koordinatorin Ute Gigler. Die in Deutschland gestartete, seit 2019 in Österreich aktive ökumenische Non-Profit-Initiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, Einzelpersonen, Organisationen oder Gemeinden die Kompensation unvermeidlicher CO2-Ausstöße zu ermöglichen. Die Emissionen - auch von Gebäuden, Veranstaltungen, Printprodukten oder der Mobilität - werden dabei mittels eines unter www.klima-kollekte.at frei abrufbaren Online-Rechners ermittelt.
Ausgleichszahlungen gehen an Projekte im Globalen Süden, die Armut mindern, Frauen stärken, die Gesundheit schützen und benachteiligten Menschen Perspektiven eröffnen, "zudem verringern sie den CO2-Ausstoß und schützen so das Klima", sagte Gigler. Als Beispielprojekte nannte sie unter anderem Biogas-Anlagen und Solarlampen in Indien, die Förderung energieeffizienter Kochmöglichkeiten in Kamerun oder Ruanda oder die Installation von PV-Anlagen in Myanmar.
Martina Luger von "Horizont3000" präsentierte in einem weiteren Beitrag als Best-Practice-Projekt die Errichtung von energieeffizienten Öfen in Uganda, Jesus Garcia-Latorre vom Klimaschutzministerium die Wirkung vieler kleiner Klimaanpassungs-Projekte auf dem Weg zu einem Wandel im Großen. Schlüssel dafür seien neben den Finanzen vor allem die Einbeziehung lokaler Experten und NGOs sowie auch die Förderung von Frauen.
Ein Bekenntnis zu Unterstützung der "ärmsten Länder, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind und zugleich am wenigsten dafür können", kam von der evangelischen Kirche in einem von Kirchenrätin Andrea Sölkner verlesenen Grußwort von Bischof Michael Chalupka. Als Kirche wolle man die Opfer "nicht mit dem Problem alleine lassen" und Solidarität durch "mutige Klimamaßnahmen" zeigen. Ähnlich auch Valerie Peer von der Klimaprotest-Bewegung "Fridays for Future", die auf die "intergenerationale Klimagerechtigkeit" verwies: Künftige Generationen hätten schlimmere Folgen des Klimawandels zu tragen als heute lebende, während letztere jedoch - zumindest im Globalen Norden - die Hauptverantwortlichen der Klimakrise seien.
Quelle: Kathpress