
Klima: Verkehrsblockade anders zu bewerten als Attacke auf Kunst
Für den Umweltethiker Michael Rosenberger macht es einen Unterschied, ob sich der Protest gegen eine säumige Umweltpolitik in Form von Verkehrsblockaden oder von Beschmutzungsattacken auf Kunstwerke äußert. Wie der an Katholischen Privat-Universität Linz (KU Linz) lehrende Moraltheologe am Montag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress hinwies, habe ziviler Ungehorsam eine lange Tradition als Mittel, um Missstände aufzuzeigen und Veränderungen zum Positiven zu bewirken. Nicht alle Methoden seien gleich geeignet, um einem Anliegen Nachdruck zu verleihen, so Rosenberger. Überzeugender seien sicher Protestformen, die mit den Problemlagen unmittelbar zu tun haben.
Der Straßenverkehr hat laut dem für die Diözese Linz als Umweltreferent tätigen Theologe einen großen Anteil am CO2-Ausstoß, der wiederum unleugbar zur globalen Klimaerwärmung beiträgt. Insofern mache es durchaus Sinn, Straßen für Autos zu blockieren. Legitim sei ziviler Ungehorsam unter zwei Bedingungen, wies Rosenberger hin: Es dürfe zu keiner Gewalt gegen Menschen und zu keiner unmittelbaren Gefährdung kommen; und die legitime Autorität der staatlichen Organe müsse insofern akzeptiert werden, als die Protestierenden für ihre Aktionen verhängte Strafen in Kauf zu nehmen bereit sind. Gerade Letzteres unterstreiche, dass den Aktivisten ihr Anliegen sehr ernst ist.
Angst der "Last Generation" verständlich
Er selbst könne die Angst der "Last Generation" gut verstehen - auch wenn er als 60-Jähriger die Folgen unzureichender Klimapolitik wohl nicht im selben Ausmaß zu tragen habe wie eine heute junge Person. Den Kirchen und auch ihm selbst lägen die Demonstrationen im Zuge von "Fridays For Future" (an denen sich die Kirchen durch "Religions For Future" auch aktiv beteiligen) näher, merkte Rosenberger an. Aber Protest, der sich als letztes Mittel gegen irreversible Schäden an der Lebenswelt verstehe, sei zu respektieren. Vom Ausdrücken wie "Klima-Chaoten" distanzierte er sich ausdrücklich.
Ziviler Ungehorsam habe auch immer wieder zum Überdenken des Bisherigen geführt, erinnerte der Theologe an Gandhis friedlichen Protest gegen britische Herrschaft, an Martin Luther Kings Vorgehen gegen Rassendiskriminierung in den USA oder an die Waldbesetzer, die in der Stopfenreuther Au ein Kraftwerksprojekt verhinderten.
Die Forderung der jetzt aktiven "Last Generation" nach einer Temporeduzierung auf Autobahnen und Landstraßen hält der kirchliche Umweltexperte für sinnvoll. Dadurch könne der CO2-Ausstoß wesentlich verringert werden, der mit dem Luftwiderstand der Fahrzeuge exponentiell steige. Ein weiterer Vorteil wäre besser fließender Verkehr, wenn alle gleich schnell bzw. langsam fahren würden. Angesprochen auf die derzeit wohl nicht gegebene Mehrheitsfähigkeit einer Temporeduktion sagte Rosenberger, auch ein Kompromiss mit z.B. 110 km/h auf Autobahnen sei wünschenswert.
In Wien kam es laut Polizei am Montag kam es zu "umfangreichen Verkehrsbehinderungen". Eine Blockade in der Wiedner Hauptstraße wurde vor der Umsetzung von Beamten verhindert, drei weitere Aktionen waren spätestens nach rund einer Stunde beendet, hieß es auf wien.orf.at. Insgesamt seien 14 Personen an den Blockaden beteiligt gewesen, 38 verwaltungsrechtliche Anzeigen wurden ausgesprochen. Den Teilnehmern würden die Kosten des Einsatzes gemäß dem Sicherheitspolizeigesetz angerechnet. Dennoch wollen die Aktivistinnen und Aktivisten ihre für die ganze Woche angekündigten Aktionen in Wien in den kommenden Tagen fortsetzen.
Quelle: kathpress