"Haus der Geschichte" gedenkt des "Lichtermeers" vor 30 Jahren
Das "Haus der Geschichte Österreich" (hdgö) gedenkt des "Lichtermeeres" vor 30 Jahren am Wiener Heldenplatz, das als Massenkundgebung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auch maßgeblich von kirchlichen Vertretern mitgetragen wurde. Das hdgö bündelt in einer Online-Ausstellung Erinnerungsstücke an dieses "prägende Zeichen der Zivilgesellschaft" am Abend des 23. Jänner 1993; die Exponate dazu können von Zeitzeugen selbst hochgeladen werden. Dieser Aufforderung folgten damalige Aktivistinnen und Aktivisten mit Fotos von der Kundgebung, von Plakaten oder "SOS Mitmensch"-T-Shirts.
Bis zu 300.000 Menschen hatten damals auf dem Wiener Heldenplatz mit Kerzen und Fackeln in der Hand ein Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz gesetzt. Die Großveranstaltung - die bis heute größte Demonstration der Zweiten Republik - war eine Gegenreaktion auf das von der FPÖ unter Jörg Haider angestrengte, mit "Österreich zuerst" betitelte Volksbegehren, das in der Woche danach zur Unterzeichnung auflag.
Nicht nur zahlreiche kirchlichen Organisationen unterstützen das "Lichtermeer". Es traten auch namhafte Vertreter der Kirche als Redner auf - darunter Kardinal Franz König, der Wiener Weihbischof Florian Kuntner, der damalige Caritas-Präsident Helmut Schüller, die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ), Eva Petrik, sowie Martin Kargl als Generalsekretär der Katholischen Jugend. Außerdem ergriffen der evangelische Oberkirchenrat Johannes Dantine und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Österreichs, Paul Grosz, das Wort.
Der Plattform "SOS Mitmensch" gehörten damals unter anderem Weihbischof Kuntner, Caritas-Präsident Schüller sowie Vertreter der Katholischen Aktion an. Neben dem großen "Lichtermeer" in Wien gab es in zahlreichen anderen Städten Österreichs wie Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg "Lichterketten", die maßgeblich von kirchlichen Gruppen initiiert worden waren.
Einer der damaligen Protagonisten, der Schriftsteller Josef Haslinger, der mit dem Musiker Willi Resetarits und André Heller den Anstoß zur Gründung von "SOS Mitmensch" gab, schrieb zu seinem dem hdgö als Faksimile übermittelten Entwurf der damals publizierten "6 Punkte" gegen Ausländerfeindlichkeit: "Wenn ich mir die Forderungen von SOS Mitmensch (...) durchlese, überkommt mich das Gefühl, dass wir alles andere als vorangekommen sind. Die rassistische Hetze von Jörg Haider, gegen die sich damals landesweit eine liberal denkende Zivilgesellschaft zusammenschloss, hat sich mittlerweile zu einem europäischen Gespenst entwickelt, das ein Land nach dem anderen zu vernebeln scheint."
Auf der Website des "Hauses der Geschichte Österreich" (https://hdgoe.at/auslaender-volksbegehren) wird demgegenüber daran erinnert, dass das FPÖ-Volksbegehren mit 416.531 Unterschriften (7,35 Prozent der Stimmberechtigten) weit hinter den Erwartungen der FPÖ zurückblieb. Mit der Kundgebung sei außerdem eine "Umdeutung des Heldenplatzes versucht" worden, "die wegführen sollte von der anhaltenden Punzierung durch die jubelnde Menge, als Hitler am 15. März 1938 den 'Anschluss' Österreichs an das Deutsche Reich verkündete".
Quelle: kathpress