
Josef Pühringer: Christsein in der Politik hat mit Haltung zu tun
Zur Wesensart und Problematik "christlicher Politik" hat der frühere Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) im "Oberösterreichischen Volksblatt" (Samstag) Stellung bezogen. "Christsein in der Politik hat mit Haltung zu tun, mit Werten und mit einer Grundeinstellung", schrieb Pühringer, der vor seiner politischen Karriere Religionslehrer war. Wichtig sei es, auf das Gemeinwohl und die Menschlichkeit zu achten und die wichtigsten Fragen richtig zu beantworten. Dazu gehöre etwa das Bedenken von Folgewirkungen politischer Entscheidungen, insbesondere auf die Schwächsten in der Gesellschaft. "Nachhaltigkeit ist ein christlicher Wert", so Pühringer.
Im Bereich der Sozialpolitik, die oft als Richtschnur für "Christlichkeit" gesehen werde, sprach sich der Alt-Landeshauptmann einerseits für Hilfe im konkreten Fall aus, vor allem aber müssten andererseits Strukturen so verändert werden, "dass Hilfe im Einzelfall immer weniger notwendig wird". Der Schlüssel dazu sei vor allem die Bildungspolitik. Als "unsozial" bezeichnete Pühringer eine "unkontrollierte soziale Hängematte", würde doch jeder, der sich zu Unrecht dort befindet, anderen dringend benötigte Leistungen wegnehmen. "Sozialpolitik auf Pump" schließlich halte er nur für eine mittelfristige Lösung, die langfristig erneut auf von Armut betroffene Menschen zurückfallen würde.
Skeptisch äußerte sich Pühringer zu Politikern, die von sich behaupteten, dezidiert christliche Politik zu betreiben und dabei "auch noch ihr Christsein wie eine Monstranz durch die Gegend tragen". Einerseits würden Politiker letztlich nicht an der Programmatik, sondern an ihren Taten gemessen, andererseits sei das Evangelium nicht als "Kochbuch" mit Zutaten für dann automatisch christliche politische Entscheidungen zu verstehen. Auch von früheren Versuchen, christliche Moral mit detaillierten Regeln und Vorschriften zu verrechtlichen, hielt Pühringer nichts: "Das mag für manche einfacher sein, aber es hat nichts zu tun mit Haltung und mit mündigem Christsein."
Nicht eindeutig festlegen wollte sich Pühringer zur Frage, ob das politische Engagement von Christen groß genug sei. Christliche Grundsätze und Werte würden ohnehin von vielen in die Politik eingebracht, "bewusst oder unbewusst". Die Trennung von Kirche und Parteien sei sinnvoll und das Mariazeller Manifest, in diese Trennung im Jahr 1952 von Kirchenseite festgeschrieben wurde, eine "richtige Lehre aus der Geschichte", so der frühere Landeschef. Dennoch hätten Kirche und Politik auch ein gemeinsames Ziel: "Es geht um ein gutes Leben für die Menschen."
Die Trennung beider Sphären dürfe zudem nicht zu einer Haltung führen, wonach gute Christen bei der Politik "am besten gar nicht anstreifen", da diese ein "schmutziges Geschäft" sei. "Nein!", protestierte Pühringer, und appellierte zur entgegengesetzten Strategie: "Wenn die Kirche gestalten will, hat sie zwei Möglichkeiten. Einerseits, als Mahner und Wächter kritisches Gewissen sein, oder, viele mündige Christen dazu animieren, in der Politik aktiv mitzugestalten."
Quelle: kathpress