
Ehemaliger Stiftungsrat Küberl: ORF nicht totsparen
"Totsparen darf nicht das Ziel sein": Mit diesen Worten hat sich der langjährige Kirchenvertreter im ORF-Publikumsrat und bis 2018 im ORF-Stiftungsrat, Franz Küberl, zur Debatte um die künftige Finanzierung des ORF zu Wort gemeldet und dabei deutliche Kritik an der von Medienministerin Sabine Raab vertretenen ÖVP-Linie geäußert. "Die berüchtigten 300 Millionen, die der ORF in kurzer Zeit sparen soll, entsprechen knapp einem Drittel seines jährlichen Finanzvolumens", wandte sich Küberl in der "Furche" (2. März) gegen den von der zuständigen Ministerin "ausgepackten Dreschflegel". Mit immer weniger Ressourcen werde der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem im ORF-Gesetz von 2001 verankerten, breiten Versorgungsauftrag nicht gerecht werden können, gab der Ex-Caritas-Chef zu bedenken.
Küberl erinnerte an die 1990er-Jahre, als der ORF aus Werbeeinnahmen mehr als das Dreifache des jetzigen Volumens erhalten und damit geraume Zeit die Hälfte seiner Kosten finanziert habe. Dies habe sich "dramatisch geändert", seit die Werbeeinnahmen - wie bei auch bei den Printmedien - durch Internetmedien sehr stark zurückgingen. Der ORF habe in den letzten 15 Jahren immer wieder kräftig sparen müssen; seit 2007 wurden 900 Mitarbeitende abgebaut, weiß das frühere Gremienmitglied. Natürlich könne es für niemanden ein "es koste, was es wolle" geben, räumte Küberl ein. "Totsparen sehe ich allerdings nicht als erstrebenswertes Ziel öffentlich-rechtlicher Wirksamkeit."
Die jetzt auferlegten 300 einzusparenden Millionen entsprächen knapp einem Drittel des jährlichen ORF-Finanzvolumens. Die Folge sei ein heftiges Gezerre um Programmteile von unterschiedlichen Interessengruppen. Dabei müsse der ORF laut Gesetz in der Lage sein, "ein Vollprogramm zu liefern, das möglichst niemanden ausschließt", so Küberl. "Und kein Spartenprogramm, das möglichst viele ausschließt."
Ziel: Möglichst viele Menschen erreichen
Küberl empfahl Gebührenzahlenden, politisch Tätigen und Journalisten einen Blick in das 2001, unter der Regierung Schüssel verabschiedete neue ORF-Gesetz - die seiner Einschätzung nach "letzte intelligente Intervention der ÖVP in Sachen ORF". Dort sei die "große Verpflichtung" festgehalten, dass ein öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter möglichst viele Menschen im Land erreichen soll und neben Information und Unterhaltung auch Religion, Wissenschaft, Gesundheit, Wirtschaft, Kultur und Sport zu bieten habe. "Ob die Bundesministerin daran gedacht hat, welche Folgen ihr politisches Wirken hat?", so die kritische Anfrage Küberls vor diesem Hintergrund. "Ob man der Kultur einen Dienst erweist, wenn das ORF-Radiosymphonieorchester dem Verfall preisgegeben wird? Wenn man dem Sport ans Schienbein tritt? Unterhaltung abqualifiziert? Weil die sogenannte Bildungsschicht mit Ö1 das Auskommen finden will?"
Küberl äußerte die Überzeugung, dass es in einer funktionierenden Demokratie Gefäße wie den ORF braucht, um den Menschen die "großen Fragen unserer Zeit, Ziele, Probleme, Spannungen, Wirklichkeiten wie auch Handlungsmöglichkeiten vor Augen und Ohren zu führen". Der kirchliche Medienexperte sprach sich - wie zuletzt auch sein Nachfolger als Kirchenvertreter in den ORF-Gremien, Christoph Riedl - für die ORF-Finanzierung über eine Haushaltsabgabe aus, bei der die derzeit auf den GIS-Gebühren lastenden Zusatzsteuern von Ländern und Bund entfallen bzw. anders - über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern - geregelt werden sollten.
Nicht an der Qualität sparen
Die Politik achte zu Recht bei Lebensmitteln, Wasser, Gesundheit, Förderungen u.a. auf Qualität, erklärte Küberl. Sie müsse daher auch Interesse daran haben, dass Qualität auch immer Maßstab bei der Verbreitung von Neuigkeiten ist. Hilfreich könne dabei ein von den Regierenden vorgelegtes Medienkonzept sein, "wie öffentliche Förderung von Qualität, Qualitätskontrolle, Zusammenspiel und demokratisch notwendige Vielfalt gefasst werden könnten". Auch die "ungemein wuchernden Internetmedien" würden laut Küberl Qualitätsmaßstäbe vertragen. Die würde man - so die Schlussbemerkung Küberls - ebenso für alle Diskussionen brauchen, "damit die Medienzukunft besser werden kann".
Quelle: kathpress