Caritas zu Krisenhilfe: Es braucht auch Langzeitstrategien
Humanitäre Hilfsorganisationen brauchen Planbarkeit: Die lang versprochene und im Regierungsprogramm verankerte Strategie für die humanitäre Hilfe muss endlich beschlossen werden, forderte Caritas-Präsident Michael Landau am Mittwoch anlässlich der Freigabe von 21,5 Mio. Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds. Die Caritas begrüße diese Maßnahme der Bundesregierung. "Angesichts einer Rekordzahl von 339 Mio. Menschen, die 2023 auf humanitäre Hilfe und Schutz angewiesen sein werden, ist dieses Geld dringend nötig", hielt Landau fest.
Langanhaltende Krisen würden immer mehr zur Norm "und verursachen unfassbares humanitäres Leid". Kurzfristige humanitäre Hilfe müsse somit mit mittel- und langfristiger Entwicklungszusammenarbeit einhergehen. Landau betonte: "Der Bedarf an humanitärer Hilfe steigt stetig." Planbarkeit bei den Hilfsgeldern sei vor allem bei langanhaltenden Krisen und in der Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen essenziell. Deren Arbeit könne dann effizienter und zielgerichteter erfolgen, hieß es in der Caritas-Aussendung.
Innerhalb weniger Jahre habe sich die Zahl der Not leidenden Menschen verdoppelt. Landau nannte als Beispiele Syrien, wo das verheerende Erdbeben auf eine seit 12 Jahren vom Bürgerkrieg betroffene Bevölkerung traf, und auf den weiterhin brutal geführten Ukraine-Krieg ohne absehbares Ende. "Mit den Kämpfen im Sudan kommt ein weiterer Brandherd in Afrika hinzu, der sich rasch zu einem Flächenbrand für die gesamte Region ausweiten könnte", warnte der Caritas-Präsident, der auch der Caritas auf Europa-Ebene vorsteht. Er sprach von UN-Schätzungen von mehr als 800.000 in Nachbarländer geflüchtete Sudanesen: "Die Versorgung der gesamten Region steht auf dem Spiel, eine humanitäre Katastrophe bahnt sich an."
Die bewaffneten Konflikte würden zudem vielfach auf mehrere, multiple und sich wechselseitig beeinflussende Krisen treffen. Dazu zählte Landau vor allem die Auswirkungen der Klimakrise, die als "Brandbeschleuniger" wirke, aber auch die nach wie vor spürbaren Folgen der Covid-19 Pandemie.
Vor diesem Hintergrund strich Landau die Bedeutung einer gesamtstaatlichen Strategie für humanitäre Hilfe hervor. "Klar definierte Ziele, Prozesse und Zuständigkeiten garantieren, dass die Mittel dort ankommen, wo sie aktuell am notwendigsten gebraucht werden." Wenn sich Akuthilfe und langfristige Entwicklungszusammenarbeit gut ergänzten, könne auch ein kleines Land wie Österreich einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Hunger und Armut leisten, sagte Landau.
"Jugend Eine Welt" will "klaren Fahrplan"
Die Freigabe zusätzlicher Mittel aus dem Auslandskatastrophenfonds begrüßte auch Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von "Jugend Eine Welt". Das Hilfswerk forderte nach dem Beschluss des Ministerrats jedoch "eine Strategie mit klarem Fahrplan". Heiserer appellierte an die österreichische Bundesregierung, die seit 2021 fertige Strategie der Humanitären Hilfe der Republik Österreich zu beschließen. In Zeiten der Klimakrise und multipler anhaltender Krisen, sei es wichtig, Länder und Regionen länger zu unterstützen, argumentierte der "Jugend eine Welt"-Geschäftsführer. Dringend nötig sei dafür etwa ein Plan für die Ausschüttung von Finanzierungsmittel für bereits bekannte humanitäre Maßnahmen, was auch die Möglichkeit zur Planung von Hilfsprojekten und Programmen "immens erhöhen" würde.
Österreichische Hilfsorganisationen wie "Jugend Eine Welt" erhalten in Summe 21,5 Millionen Euro für Humanitäre Hilfe in Afghanistan, Äthiopien, Burkina Faso, Jordanien, Libanon, Mosambik, Südsudan und Uganda. "Die zusätzlichen Mittel helfen uns, weitere Hilfsmaßnahmen zur Linderung der Auswirkungen von Katastrophen in den entsprechenden Ländern zu treffen und aufrechtzuerhalten", so Heiserer.
Nothilfe und Entwicklungshilfe
Als Beispiel nannte Heiserer die Tigray-Region in Äthiopien, wo Nothilfe und Entwicklungshilfe aktuell Hand in Hand gingen. So würde dort, wo vor dem Bürgerkrieg in Zusammenarbeit mit den Salesianern Don Boscos, die Ausbildung von SolartechnikerInnen stattfand, nun Brot gebacken. Durch diese Akuthilfe nahe der Grenze zu Eritrea könnten täglich stillende Frauen und unterernährte Kinder mit Essen versorgt werden. Zusätzlich würden sich pro Tag aber 2.500 bis 3.000 Bewohner für eine kleine Tasse Suppe für ihre Kinder anstellen.
Die Einigung der Konfliktpartner hätte zwar Frieden gebracht, die Folgen des Tigray-Krieges seien aber verheerend, fasste es Heiserer zusammen. Nötig sei daher eine weitere Erhöhung der Entwicklungshilfeleistungen: "Neben privaten Förderern benötigen wir für solche Beispiele wichtiger Hilfe vor Ort daher ebenfalls die Unterstützung des Staates", so Heiserer.
Zudem sei Österreich, was die bilateralen Entwicklungshilfeleistungen (ODA) betrifft, vom international vereinbarten Ziel, nämlich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) zur Verfügung zu stellen, weiterhin weit entfernt ist. "Die Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen auf 0,39 Prozent des Bruttonationaleinkommens im Jahr 2022 war erfreulich. Auf das international vereinbarte und im Regierungsprogramm verankerte Ziel von 0,7 Prozent fehlt allerdings noch einiges", so das Fazit von Heiserer. (Infos: www.jugendeinewelt.at)
Quelle: kathpress