
Erzbischof Lackner verurteilt Angriff auf Berg-Karabach
Der Salzburger Erzbischof und Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Lackner, hat den Angriff Aserbaidschans auf Berg-Karabach (Artsach) verurteilt. "Ein Militäreinsatz, wie er nun erfolgt, trifft unweigerlich diese ohnehin schon Geschwächten und wird nichts außer Tod, Leid und Zerstörung bringen", sagte Lackner am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur "Kathpress".
Die Berichte über den Angriff aserbaidschanischer Truppen auf Berg-Karabach "lenken erneut unsere Blicke mit Sorge auf diese schon so lange blutig umkämpfte Region". Jüngste Entwicklungen würden das Schlimmste für die armenische Bevölkerung der Region befürchten lassen: "Schwache, Alte, Kranke und Kinder bezahlen den höchsten Preis, nachdem Artsach seit Monaten de facto von der Außenwelt abgeschnitten ist und es selbst an essentiellsten Güter mangelt."
Das in früheste Zeiten des Christentums zurückreichende Erbe der armenischen Kirche in Berg-Karabach sei durch diese Gewalt von der Auslöschung bedroht, warnte Lackner. Und weiter wörtlich: "Als Christen müssen wir uns für den Frieden einsetzen - einen solchen gerechten Frieden für Artsach endlich herbeizuführen ist der Imperativ für die politisch Verantwortlichen aller beteiligten Parteien, in der Region selbst und außerhalb."
Feuerpause in Region
Unterdessen ist am Mittwochvormittag Medienberichten zufolge eine Feuerpause vereinbart worden. Die Armenier in Berg-Karabach hätten der Forderung Aserbaidschans zugestimmt, die Kämpfe zu beenden und ihre Waffen abzugeben, meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch. Auch der armenische Sender Sputnik Armenia berichtete, es gebe eine Feuerpause
Davor hatte Aserbaidschan am Mittwoch in der Früh den zweiten Tag in Folge seine Militäroffensive in Berg-Karabach trotz internationaler Appelle zur Einstellung der Kampfhandlungen fortgesetzt. Die Salzburger Armenien-Expertin Jasmin Dum-Tragut zeigte sich am Mittwochfrüh gegenüber "Kathpress" fassungslos angesichts der Brutalität der Kampfhandlungen und Tatenlosigkeit der Internationalen Gemeinschaft. Dum-Tragut hält sich aktuell in Armenien auf.
Die Expertin sprach von einem fortgesetzten Genozid an den Karabach-Armeniern. Aserbaidschan bombardiere nicht nur militärische Ziele und schon gar keine "terroristische Zellen in Karabach", wie behauptet wird, sondern massiv die ohnehin durch die unmenschliche neunmonatige Blockade physisch und psychisch ausgehungerten Zivilisten in Berg-Karabach. Zu den 27 bisher gemeldeten Todesopfern gehörten auch zahlreiche Kinder; weiters auch der Bürgermeister der Stadt Martakert.
Berg-Karabach liegt auf aserbaidschanischem Gebiet, ist aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt und hat sich in 1990er-Jahren mit Unterstützung Jerewans in einem blutigen Bürgerkrieg von Baku gelöst. 2020 gelang es dem durch Öl- und Gaseinnahmen hochgerüsteten Aserbaidschan, große Teile der Region zurückzuerobern. Der damals nach dem Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien geschlossene Waffenstillstand war trotz der dort zur Überwachung eingesetzten russischen Truppen brüchig. Zudem hat Baku monatelang den einzigen Zugang Berg-Karabachs zum armenischen Kernland blockiert. Beobachter nennen die humanitäre Lage in der Region katastrophal.
Armenien-Expertin Dum-Tragut: Bereits 100 Todesopfer
Die Salzburger Armenien-Expertin Jasmin Dum-Tragut berichtete Mittwochmittag gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress, dass die Zahl der Todesopfer bereits auf rund 100 gestiegen sei. Seit dem Inkrafttreten des Waffenstillstands sei es aber ruhig. Mittlerweile wurden Teile der Bevölkerung vor allem der Region Martuni in Richtung Stepanakert evakuiert. Es bleibe aber abzuwarten, ob die Karabach-Armenier weiterhin ausharren, oder ob sie sich nun auf dem wieder offenen Latschin-Korridor auf dem Weg nach Armenien machen, wo ihnen aber auch eine ungewisse Zukunft bevorsteht. Dum-Tragut hält sich derzeit in Armenien auf.
Quelle: kathpress