
Jan Philipp Reemtsma setzt Poetikdozentur an Universität Wien fort
Der deutsche Literatur- und Sozialwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma wird am 11. Dezember die 2016 ins Leben gerufene Poetikdozentur an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien fortsetzen. Der renommierte Publizist, Mäzen und Intellektuelle spricht über Christoph Martin Wieland (1733-1813), den Wegbereiter der klassischen Deutschen Literatur, und anhand dessen Werke und Zeit über "das Belangloswerden des Religiösen". Mit Wieland, der mit Goethe, Schiller und Herder das klassische "Viergestirn" von Weimar bildete, befasst sich Reemtsma seit seiner Dissertation, jüngst legte er eine epochale Biographie über den bedeutenden Schriftsteller der Aufklärung vor. Die Poetikvorlesung findet am Montag, 11. Dezember, um 19 Uhr im Hörsaal 6 im Hauptgebäude der Uni Wien bei freiem Eintritt statt.
Der 70-jährige gebürtige Hamburger Jan Philipp Reemtsma ist Sohn und Erbe eines Zigarettenfabrikanten und wurde international bekannt, als er 1996 entführt und erst nach einer Zahlung von 30 Millionen DM Lösegeld wieder freigelassen wurde. Heute gilt er als einer der 150 reichsten Deutschen, der sein Vermögen über Stiftungen immer wieder zur Förderung von Literatur, Kunst und Wissenschaft einsetzt. So gründete Reemtsma 1984 das Hamburger Institut für Sozialforschung, das für zwei vieldiskutierte Ausstellungen über die Verbrechen der deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs verantwortlich zeichnet.
Reemtsma engagierte sich u.a. auch für die Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte und hielt 2001 die Laudatio für Jürgen Habermas anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an den Philosophen. Seit 1997 ist er Honorarprofessor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Hamburg und vielfältig publizistisch tätig. Seine jüngste Buchveröffentlichung trägt den Titel "Christoph Martin Wieland. Die Erfindung der modernen deutschen Literatur" (München 2023).
Bereits viele Literaturgrößen zu Gast
Seit Beginn Poetikdozentur-Reihe im Sommersemester 2016 hielten viele deutschsprachige Literaturgrößen wie Sibylle Lewitscharoff, Michael Köhlmeier, Thomas Hürlimann, Nora Gomringer, Alois Brandstetter und Barbara Frischmuth Vorlesungen an der Theologischen Fakultät. Ziel ist es nach den Worten des Initiators, des Dogmatikprofessors Jan-Heiner Tück, Literatur und Theologie neu aneinander heranzuführen und in ein Gespräch zu bringen, da ihnen dieselben Grunderfahrungen zu eigen seien: Literarische wie religiöse Texte würden die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrung aufnehmen und reflektieren.
Die nunmehr hauptverantwortlichen Wiener Theologen Tobias Mayer und Helmut Jakob Deibl sehen die Poetikdozentur auch als eine Herausforderung für die Gastlehrenden, von ihrem Schriftsteller-Sein zu erzählen. Die Reihe solle zudem Impulse für einen interdisziplinären Austausch über das Verhältnis von Religion und Literatur geben.
Zu den bisherigen Vorlesungen wurden mehrere Sammelbände publiziert, zuletzt 2023 von Christian Lehnert unter dem Titel "Die weggeworfene Leiter: Gedanken über Religion und Poesie" im Herder-Verlag. Auf der Website des Instituts für Systematische Theologie und Ethik findet sich auch ein Link zum Archiv der bisherigen Poetikvorlesungen als Videoaufzeichnung und MP3-Audiodatei.
Quelle: Kathpress