Weltkirche-Tagung fordert mehr "Ökofeminismus" in der Kirche
Kirchlicher Einsatz für die Umwelt ist nur mit einer radikalen Veränderung des Umgangs mit Frauen nachhaltig: Das war eine der zentralen Botschaften der diesjährigen "weltkirche.tagung", die am Wochenende im Salzburger Bildungshaus St. Virgil stattgefunden hat. Fachleute aus Lateinamerika, Asien und Europa lieferten dabei Impulse für einen "grundlegenden Wandel", wie Anja Appel von der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz (KOO) eingangs erklärte. Veranstalterin war die KOO gemeinsam mit der Ordenskonferenz, deren Bereichsleiterin für Mission und Soziales, Sr. Anneliese Herzig, von "Impulsen, um ins Handeln zu kommen" sprach.
Für den Eröffnungsvortrag war die Befreiungstheologin Sr. Geraldina Cespedes Ulloa aus Guatemala eingeladen worden. Die Philosophin und Ordensfrau der Gemeinschaft "Dominikanische Missionsschwestern vom Rosenkranz" sah einen engen Zusammenhang der "Krise des Patriarchats" mit der ökologischen Krise. Gewalt gegen die Natur und Gewalt gegen Frauen seien "zwei Seiten derselben Medaille", so Cespedes. Frauen seien von einem Mangel bei den drei Grundressourcen für Menschenwürde, nämlich Land, Wohnung und Arbeit (Spanisch: "tierra, techo y trabajo") ganz besonders betroffen, und erlitten Armut, Gewalt und Ausbeutung wie etwa im Handel.
Der "Ökofeminismus" geht laut Sr. Cespedes davon aus, dass zur Erreichung eines Systemwandels zwei Ungleichgewichte gleichzeitig ins Lot gebracht werden müssten: Die Beziehungen zur Natur wie auch jene zwischen den Geschlechtern. Bedürfnisse der Erde und der Armen - insbesondere der Frauen, indigenen Völkern und Schwarzen - gelte es besonders zu achten, zudem solle biologische, kulturelle, sexuelle und religiöse Vielfalt geschützt werden. Für die Kommunikation, die sozialen Beziehungen und die Politik ist laut der Theologin mehr "echte Beteiligung" vonnöten. Hingegen müsse die "blinde Verehrung der Wirtschaft", welche Schuld an vielen heutigen Krisen trage, gestoppt werden.
"Heilende Theologie"
Auch die Kirche sei bei diesem Ansatz für Wandel gefordert, so die Überzeugung der Referentin aus Guatemala. Deren Eintreten für Umweltschutz oder auch die Aufrufe zur "ökologischen Umkehr" und "integralen Ökologie" in der Papst-Enzyklika "Laudato si" seien zwar löblich, die Gleichstellung der Geschlechter komme dabei aber oft zu kurz. Auch theologisch sei ein "neues Paradigma" vonnöten, damit Ungerechtigkeiten und Gewalt gegenüber Frauen und der Natur nicht länger biblisch gerechtfertigt würden. Aufgabe "heilender Theologie" sei es hingegen, zur gesunden Beziehung zur Erde und zwischen den Geschlechtern beizutragen.
Als konkrete Schritte schlug die Expertin vor, die Kirche möge Frauen in Führungspositionen stärker fördern, feministische Theologien besser integrieren und Frauen in der ökologischen Bewegung unterstützen. Schließlich würden Frauen weltweit eine Schlüsselrolle in der ökologischen Bewegung spielen, als "aktivste und kreativste Akteure bei der Verteidigung und Pflege des Landes". Unterstützung für sie sei wichtig, sei doch ihr Einsatz für Gleichberechtigung, soziale Gerechtigkeit und neue Beziehung zwischen den Geschlechtern oder zur Natur vielerorts mit Verfolgung, Kriminalisierung oder Lebensgefahr verbunden.
Förderung von Studenten-Aktivismus
Einen anderen Zugang zum Wandel, nämlich durch Schulung von "Führungspersönlichkeiten der Transformation", stellte bei der "weltkirche.tagung" der Präsident der Internationalen Bewegung katholischer Studierender (IMCS Pax Romana), Ravi Tissera, vor. Der gebürtige Srilankese ermutigt mit dem von ihm geführten Netzwerk aus mittlerweile 88 nationalen Mitgliedsbewegungen Studierende aus verschiedenen Fachrichtungen dazu, "ihren Glauben zu leben, indem sie sich an der Lösung von Problemen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene beteiligen". Besonders der Umweltschutz sowie die Förderung von Friede und Gerechtigkeit stünden dabei im Fokus.
Das IMCS-Netzwerk existiert bereits seit 1921 und hat Regionalbüros auf vier Kontinenten sowie ein internationales Büro in Paris. Zur Tätigkeit gehören die Organisation von Konferenzen, Seminaren, Workshops und Austauschprogrammen, auch werden Stipendien vergeben und internationale Treffen organisiert. Man sehe sich selbst nicht als "kirchliche Bewegung", sondern als "Kirche in Bewegung", sagte Tissera.
Unter den Beispielen für jüngste Projekte nannte der Präsident der Bewegung eine Kampagne, mit welcher die Partnerorganisation in Simbabwe die Wahl-Beteiligung unter Studierenden gehoben hatte. In Nepal wurde mit einer Kampagne das Bewusstsein für Menstruationshygiene in ländlichen Gebieten geschärft, in Malaysia gegen den derzeit ohne Konsultation der indigenen Anrainer vor sich gehenden Bau des Kaiduan-Staudamms protestiert sowie in Indien gegen einen Schießplatz auf indigenem Land. Verbindend für alle IMCS-Mitglieder seien "eine Spiritualität des Handelns und ein gemeinsames Engagement für die Armen, die Ausgegrenzten und die Schöpfung", erläuterte Tissera.
Quelle: Kathpress