
Expertin: Gewaltbetroffene Frauen brauchen sanfte Kommunikation
Zuhören, offene Gespräche, aber kein Druck oder gar Ratschläge: Opfer von verbalen wie körperlichen Übergriffen sowie Demütigungen benötigen eine sanfte Kommunikation, wie Pia Hoffmann, Klinische-, Gesundheits- und Notfallpsychologin im vierten Teil der Serien "Frauen-Leben" des steirischen "Sonntagsblatts" (Ausgabe 28. Jänner) hinweist. "Frauen sind es leider oft noch gewohnt, viel zu dulden, aber wenn sich eine gewalttätige Person nicht in Behandlung begibt, ist keine Besserung zu erwarten", so die Mitarbeiterin der Frauenhelpline, die österreichweit kostenlos unter 0800 222 555 rund um die Uhr erreichbar ist. Das Notruf-Angebot unterstützt betroffene Frauen mit telefonischer Beratung, sowie bei der Suche nach Frauenberatungsstellen, Gewaltschutz-Zentren und Frauenhäusern.
Die Gewalterfahrungen reichten von einer Ohrfeige bis hin zu jahrelangen Übergriffen oder psychischer Gewalt wie Drohungen und permanentem Druck, erläuterte Hoffmann. "Frauen, die Gewalt erlebt haben, brauchen erst einmal ein offenes Ohr", nicht hilfreich sei gut gemeinter Druck oder Empörung, wies die Expertin hin.
Die meisten Frauen würden die Täter kennen, da die Übergriffe vorwiegend in Beziehungen oder Ehen vonstattengingen, aber auch im nicht-familiären Kreis seien die Täter meist bekannt, etwa durch Arbeit, Freundeskreis und Nachbarschaft, so Hoffmann. Gänzlich fremde Tätern seien selten. Nicht betätigen konnte die Notfallpsychologin das Vorurteil, laut dem Gewalt besonders "bei Ausländern" passiere. Die Mehrheit der Anrufenden seien Österreicherinnen und Österreicher.
Die Frauenhelpline verzeichnete 2023 über 8500 Anrufe. Darunter sind laut der Psychologin nicht nur betroffene Frauen selbst, sondern auch Angehörige oder Freundinnen - zudem vermehrt Männer. "Sie alle wollen nicht mehr zuschauen, sondern etwas tun", ergänzte Hoffmann.
Abhängigkeit und Pflege
Anspruchsvoll seien Fälle mit einer Ko-Abhängigkeit, betonte Hoffmann: "Sie sind immer zu Hause gewesen, haben eine sehr kleine Pension - zu wenig, um allein zu überleben oder eine strittige Scheidung finanzieren zu können - und kennen nichts anderes als den kleinen Ort, in dem sie wohnen, und den gewalttätigen Mann." Hinzukomme oft noch Angst oder Scham, dass einem niemand glauben werde.
Besonders schwierig werde es, wenn eine der beiden oder beide pflegebedürftig sind und sich gegenseitig pflegen. "Auch wenn die Frau blau und grün geschlagen ist und die Polizei ihren Mann wegweisen würde - was macht sie dann, wenn sie auf seine Hilfe angewiesen ist?" In solchen Fällen brauche es dringend Frauenhäuser mit Pflegepersonal, die aber bisher nicht existierten, forderte Hoffmann.
Quelle: kathpress