"Jugend Eine Welt": Enthaltung bei Lieferkettengesetz "beschämend"
Heftige Kritik an der angekündigten Enthaltung von Österreichs Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) hat die Katholische Hilfsorganisation "Jugend Eine Welt" geäußert. Kochers Vorgehen sei "beschämend", betone Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von "Jugend Eine Welt", am Donnerstag in einer Aussendung. Dass es seitens Österreichs kein klares Bekenntnis zu dem Grundanliegen des ausgehandelten EU-Lieferkettengesetzes gebe, sorge für "Kopfschütteln", kritisierte Heiserer.
"Der im Dezember ausgehandelte Vorschlag für das EU-Lieferkettengesetz leistet einen Beitrag zur Sicherheit aller Österreicherinnen und Österreicher, dass ihr Wohlstand nicht auf im Globalen Süden ausgebeuteten Menschen basiert", so Heiserer. Hierbei dürfe es eigentlich keine Diskussion geben: "Es kann nicht sein, dass hier Österreich auf ein klares Bekenntnis verzichtet".
Schätzungen zufolge sind weltweit rund 160 Millionen Kinder von Kinderarbeit betroffen sind. Rund die Hälfte dieser Kinder muss dabei Arbeiten verrichten, die eine echte Gefahr für ihre körperliche und geistige Gesundheit darstellen. "Diese Menschenrechtsverletzungen passieren oft am Beginn von Lieferketten", so Heiserer. Der zu Abstimmung liegende Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz beinhalte mehr Transparenz und Sorgfaltspflichten für Unternehmen und würde dazu beitragen, dass weniger Kinder ausgebeutet würden.
Es dürfe Politikerinnen und Politikern nicht egal sein, dass in Österreich Waren und Produkte in den Geschäften landeten, in denen verdeckte missbräuchlicher Kinderarbeit stecke. "Bitte überdenken Sie nochmals ihr Vorhaben und sorgen Sie morgen mit einem 'Ja' zum EU-Lieferkettengesetz dafür, dass nicht 160 Millionen arbeitende Kinder ihrer Zukunftschancen beraubt werden", appellierte Heiserer an den ÖVP-Politiker.
Scharfe Kritik übte auch der Verein "Südwind". "Mit seiner angekündigten Enthaltung zum fertig verhandelten EU-Lieferkettengesetz stellt Wirtschaftsminister Kocher die Interessen von Wirtschaftsverbänden über den demokratischen Gesetzgebungsprozess der EU-Institutionen", so der Verein für Entwicklungspolitik und globale Gerechtigkeit in einer Aussendung am Donnerstag. Damit gefährde er einen einheitlichen Rechtsrahmen, der gewährleisten würde, dass für alle Unternehmen die gleichen Regeln gelten.
"Die Enthaltung von Wirtschaftsminister Kocher basiert auf Scheinargumenten und ist eine inakzeptable demokratiepolitische Farce, die die Gesetzgebungsprozesse der EU in Frage stellt", so Konrad Rehling, Geschäftsführer von Südwind. Hier werde Industrie-Lobbying vor die Interessen der Bevölkerung und jener Unternehmen gestellt, die bereits nachhaltig produzieren und gleiche Spielregeln für alle fordern.
Quelle: kathpress