Ökumenischer Rat der Kirchen legt Fokus auf EU-Wahlen
Die anstehende EU-Wahl und Grundsatzfragen zu Europa standen im Mittelpunkt der jüngsten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ). Die Kirchen müssten den Menschen in der EU in den wesentlichen Zukunftsfragen Orientierungshilfen bieten. Es brauche eine konstruktive und zuversichtliche europäische Perspektive, um nicht antidemokratischen Kräften das Feld zu überlassen, so der Tenor der Beratungen, wie einem Bericht auf der ÖRKÖ-Website zu entnehmen ist. Die ÖRKÖ-Vollversammlung tagte am Donnerstag, 21. März, unter dem Vorsitz von Bischof Tiran Petrosyan in Wien.
Pfarrer Mario Fischer, Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), sprach als Gastreferent zentrale inhaltliche Zukunftsfragen an: den Einsatz gegen den Klimawandel, die Förderung sozialer Gerechtigkeit, eine menschenrechtskonforme, solidarische Asyl- und Migrationspolitik, Europa als Friedensprojekt, die Unterstützung der Ukraine, die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Berücksichtigung des christlichen Menschenbilds beim Thema Digitalisierung und Künstliche Intelligenz.
Die Kirchen seien aufgerufen, "Europa Hoffnung zu bringen", so Fischer. Er sprach davon, dass er Europa auf der Kippe sehe und warnte vor Nationalismus, Populismus und einer Entsolidarisierung. Innere Spaltungen zwischen Ost und West, Nord und Süd würden die Union gefährden. Dazu komme der global betrachtete Bedeutungsverlust der EU. 2030 würden nur mehr 4 Prozent der Weltbevölkerung in der EU leben.
Für europäische Fragen brauche es europäische Lösungen, zeigte sich der GEKE-Generalsekretär überzeugt. Rund 60 bis 70 Prozent aller Gesetze würden auf EU-Ebene beschlossen. Es gelte also, sich schon auf europäischer Ebene in den Gesetzgebungsprozess inhaltlich einzubringen. Um im politischen Prozess in Brüssel aber eine Rolle spielen zu können, müssten die Kirchen geeint auftreten, forderte Fischer. Angesichts von ca. 12.300 Interessenvertretungen, die in Brüssel um Einfluss kämpfen, gebe es dazu keine Alternative.
Der "Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa" (GEKE) gehören knapp 100 protestantische Kirchen an. Sie hat ihren Sitz in Wien. Die Europawahlen finden vom 6. bis 9. Juni statt. Rund 400 Millionen Bürgerinnen und Bürger in den 27 EU-Staaten entscheiden mit ihrer Stimme über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments; es gestaltet EU-Rechtsvorschriften mit, prüft die Verwendung öffentlicher Gelder und kontrolliert die EU-Organe. In Österreich findet die Wahl am 9. Juni statt.
"Lange Nacht der Kirchen"
Ein weiteres inhaltliches Thema der ÖRKÖ-Vollversammlung war die "Lange Nacht der Kirchen" am 7. Juni in ganz Österreich. Der Wiener evangelische Superintendent Matthias Geist und Georg Radlmair vom Team der "Langen Nacht" führten zentrale Punkte des pastoralen Großprojekts an: Gastfreundschaft, Dialog, ökumenische und gesellschaftliche Vielfalt. Die "Lange Nacht" verstehe sich zudem auch als "Prophetische Plattform" für kritische Anfragen an den Zeitgeist und gesellschaftspolitische Positionen.
Die ÖRKÖ-Delegierten gedachten zudem der im Jänner verstorbenen Linzer Ökumene-Pionierin Helga Schwarzinger. Schwarzinger leitete viele Jahre das Referat für Ökumene und Weltreligionen der Diözese Linz und pflegte beste Kontakte zu allen Kirchen in Oberösterreich. Sie initiierte zahlreiche ökumenische Projekte und gehörte von 1999 bis 2017 der ÖRKÖ-Vollversammlung an. Auch der christlich-jüdische Dialog sei ihr ein Herzensanliegen gewesen, erinnerte der Linzer Bischof Manfred Scheuer.
Dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) gehören 17 Kirchen an: die Altkatholische Kirche, Anglikanische Kirche, Armenisch-apostolische Kirche, Bulgarisch-Orthodoxe Kirche, Evangelische Kirche A.B., Evangelische Kirche H.B., Evangelisch-methodistische Kirche, Griechisch-Orthodoxe Kirche, Koptisch-Orthodoxe Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Rumänisch-Orthodoxe Kirche, Russisch-Orthodoxe Kirche, Serbisch-Orthodoxe Kirche und Syrisch-Orthodoxe Kirche. Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche, der Bund der Baptistengemeinden und die Neuapostolische Kirche sind "Mitglieder mit beratender Stimme". Weitere Institutionen bzw. Organisationen besitzen Beobachterstatus.
(Infos: www.oekumene.at)
Quelle: kathpress