
Fairtrade-Umsätze in Österreich gewachsen
Trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, wie Inflation und Preisanstieg im Lebensmittelsektor, stieg der geschätzte Umsatz mit Fairtrade-Produkten in Österreich im Vorjahr um 12 Prozent auf 663 Mio. Euro. "Das Schlimmste liegt jetzt hinter uns", so das Fazit von Fairtrade-Österreich-Geschäftsführer Hartwig Kirner. Obwohl Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt zu günstigen Lebensmittel greifen würden, bleibe die Gruppe jener, die Fairtrade kaufen, stabil. Daran habe auch die "Zwei-Euro-Hürde" bei Fairtrade-Bananen nichts geändert, so Kirner im Kathpress-Gespräch: "Das zeigt, wie resilient Fairtrade-Produkte sind und wie verlässlich Fairtrade-Konsumenten."
Österreich liegt beim Pro-Kopf-Konsum von Fairtrade-Produkten weltweit auf Platz zwei hinter der Schweiz. Durchschnittlich gaben Österreicherinnen und Österreicher 2023 rund 73 Euro pro Person aus, in Deutschland belief sich der Fairtrade-Umsätze pro Kopf auf rund 30 Euro. "In Österreich greift eine stabile Konsumentenschicht zu nachhaltigen Lebensmittel", meinte dazu Kirner, der auch auf die hohe Bekanntheit des Siegels verwies. So kennen 95 Prozent der Österreicherinnen und Österreich Fairtrade, 88 Prozent bringen dem Gütesiegel ein hohes Vertrauen entgegen.
Trotz Teuerung seien Fairtrade-Produkte beliebter denn je, erklärte Kirner. Konkret zeige sich das am Plus bei zertifizierten Kakao (+13 Prozent), Rosen (+8 Prozent) und Kaffee (+0,2 Prozent). Ein Mengenrückgang wurde bei Bananen (-0,7 Prozent) verzeichnet. 2.500 Produkte tragen in Österreich bereits das Fairtrade-Siegel. Im Gegensatz zu internationalen Markenkonzernen setzen zahlreiche österreichische Nahrungsmittelhersteller und Supermarktketten-Eigenmarken auf das Gütesiegel.
Vor allem Fairtrade-zertifizierter Kakao treibe das Wachstum voran, informierte der Fairtrade-Geschäftsführer. So verwendet etwa der Schokoladehersteller "Manner" seit dem Vorjahr für alle Produkte der Marke Casali ausschließlich Fairtrade-Kakao.
Erfolgsgeschichte seit 1993
Das Fairtrade-Siegel sei seit seinen Anfängen 1993 eine "Erfolgsgeschichte", meine Kirner, der die Fairtrade-Günderinnen und Gründer als "Visionäre" bezeichnete. Seit 2011 haben sich die Fairtrade-Umsätze im Handel gar mehr als versechsfacht.
Mit dem Erfolg komme die Verantwortung für transparente Lieferwege, Produktion und Kommunikation: "Je größer ein System wird, egal ob 'Bio' oder Fairtrade, desto mehr schaut man hin", sagte Kirner. Im Vergleich zu den Anfängen habe man in den vergangenen Jahren die Kontrolle und Rückverfolgung der Produkte und Produktion verschärft. "Vor 30 Jahren ist noch viel mit Vertrauen gegangen, heute müssen wir EU-Standards erfüllen und mittels Digitalisierung kontrollieren."
Die Fairtrade-Produzenten, die in Genossenschaften organisiert sind, müssen zudem ab Jahresende die EU-Entwaldungsrichtlinie umsetzen. Diese soll verhindern, dass für den Anbau von Kakao, Kaffee sowie Palmöl Wald gerodet wird. Hersteller müssen künftig nachweisen, dass die Produkte entlang der Lieferkette "entwaldungsfrei" hergestellt wurden. Für die Bauern bedeute dies einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, so Kirner. Fairtrade unterstützt die Produzenten mit Satellitendaten, um die EU-Anforderungen zu erfüllen und weiterhin in die EU importieren zu können.
Missernte und Preisanstieg
Als problematisch für die Kakaobauern könnten sich laut Kirner klimatisch bedingte Ernteausfälle, etwa durch das Wetterphänomen El Niño, auswirken. Ernteausfälle, Klimawandel oder Pilze würden den Ertrag und die Anbaufläche minimieren. Zusätzlich würden in Ghana immer mehr Kleinbauern ihr Land an Goldschürfer verkaufen. Das Resultat seien "leere Lager" und ein neuer Höchststand des Weltmarktpreises, so Kirner. Auf die Elfenbeinküste und Ghana entfielen zuletzt rund 60 Prozent des weltweiten Kakaoanbaus.
"Für Schokoladenhersteller wird es eine schwierige Zeit, da aktuell Kakao um zirka 11.000 Dollar pro Tonne gehandelt wird", meinte Kirner, der gleichzeitig eine Preiserhöhung von Schokolade für die Endkonsumenten prognostizierte. Die Kakaobauern würden erst bei der nächsten Ernte von den höheren Preisen profitieren und aktuell noch unter den Ernteausfällen leiden. "Die Preissteigerungen treffen nicht nur uns in Europa", wies Kirner hin. Auch die Kleinbauern im globalen Süden würden unter der Inflation leiden. So seien der Transport und die Energiekosten teurer geworden, verlässliche Fairtrade-Partnerschaften seien in diesem wirtschaftlichen Umfeld besonders wichtig. Kirner zollte dabei den österreichischen Handelsketten und Produzenten Anerkennung, sie gingen hier mit gutem Beispiel voran.
Kirche fördert "Fairtrade Österreich"
Unterstützt wird "Fairtrade Österreich" von wichtigen Playern der Zivilgesellschaft, darunter sind viele kirchliche wie die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, die Caritas, die Katholische Frauenbewegung, die Katholische Jugend, "Jugend Eine Welt" oder "Horizont3000".
"Fairtrade Österreich" (voller Name: Verein zur Förderung des fairen Handels mit den Ländern des Südens) ist ein 1993 gegründeter gemeinnütziger Verein mit Sitz in Wien. Er vergibt in Österreich das Fairtrade-Siegel für den fairen Handel mit dem Globalen Süden. Das übergeordnete Ziel von "Fairtrade Österreich" ist ein entwicklungspolitisches: die Minderung von Armut in Asien, Lateinamerika und Afrika. Kleinbauern und Plantagenarbeiter sowie ihre Familien und Gemeinden sollen gefördert und ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessert werden.
Vorsitzende von Fairtrade Österreich ist seit Mai 2023 Johanna Mang; ehemalige Geschäftsführerin des WWF Österreich und Mitarbeiterin der Austrian Development Agency. Zuvor war der frühere Caritas-Präsident Helmut Schüller von 2007 bis 2023 Vorsitzender. Im Vorstand sind als Kirchenvertreterinnen und -vertreter Teresa Millesi von der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, Tobias Kirschner (Katholische Jugend), Annie Van den Nest (Katholische Frauenbewegung), Mita Johnson (Caritas) und Petra Herout (Horizont3000). Geschäftsführer ist Hartwig Kirner.
Fairtrade Österreich gehört zum internationalen Verbund Fairtrade International, in dem Fairtrade-Organisationen aus 25 Ländern und die drei kontinentalen Produzentennetzwerke zusammengeschlossen sind. (Info: www.fairtrade.at)
Quelle: kathpress