Österreich: Synodalität nach Weltsynode nicht ad acta legen
Mit der zweiten großen Synodenversammlung im Vatikan endet im Oktober die vom Papst angestoßene "Synode über Synodalität". An dem mehrjährigen Befragungs- und Beratungsprozess auf Ebene von Ortskirchen, Kontinenten und Weltkirche haben sich seit 2021 auch viele Katholikinnen und Katholiken in Österreich beteiligt. Unter anderem gingen zwei Österreich-Berichte mit Überlegungen zur Zukunft der Kirche im Rahmen des weltweiten Prozesses nach Rom. Dass man freilich nicht am Ende, sondern am "Beginn eines Weges" steht, resümierte das jüngste Österreich-Papier im Mai 2024: "In den nächsten Jahren wird in verschiedensten Bereichen und auf allen Ebenen zu lernen sein, dass Synodalität kein Sonderthema ist, das wieder ad acta gelegt werden kann, sondern einen tatsächlichen Kulturwandel impliziert."
Der Bericht, der die Rückmeldungen aus Diözesen, Orden, Fachleuten und kirchlichen Organisationen in Österreich auf die Ergebnisse der ersten Session der Bischofssynode in Rom im Herbst 2023 bündelt, benennt auf acht Seiten insgesamt 14 Themenfelder im Zusammenhang mit dem Bemühen um "eine synodale Kirche in der Mission". Als dafür "prioritär qualifiziert" wurden in den Gesprächen auf den verschiedenen Ebenen der heimischen Ortskirche demnach drei Bereiche: die Stellung der Frau in der Kirche, die missionarische Ausrichtung der Kirche und mehr innerkirchliche Partizipation. Wie die Berichte aus anderen Ländern der Weltkirche, floss das Schreiben aus Österreich in die Erstellung des Arbeitspapiers (Instrumentum Laboris) für das nun bevorstehende Synodentreffen im Vatikan ein.
Starkes Votum für Frauendiakonat
Höchste Priorität hat im Österreich-Bericht der Themenbereich "Frauen im Leben und in der Sendung der Kirche", wo es heißt: "Herausragende Bedeutung für ein glaubwürdiges Kirche-Sein in der Mission kommt in den Rückmeldungen der 'Frauenfrage' zu." Zwar gebe es in der österreichischen Kirche gute Erfahrungen mit Frauen in kirchlichen Leitungspositionen, was aber nur als Teilantwort erscheine. Beklagt werde weiterhin ein "enormer Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche und im Zusammenhang damit auch eine massive Gefährdung ihrer Sendung, solange diese Frage nicht (umfassend) zufriedenstellend gelöst ist".
Wie eine Lösung aussehen könnte, macht der Bericht mit einem klaren Votum für die Zulassung von Frauen zum Diakonat deutlich - ein Thema, das Papst Franziskus mittlerweile von den direkten Synodenberatungen in eine von zehn Expertengruppen ausgelagert hat, die bis Mitte 2025 neben der Diakoninnenweihe, etwa auch Fragestellungen zu Anpassungen in der Priesterausbildung oder den Dienst der Bischöfe diskutieren sollen.
Die zehn Themen seines keinesfalls fallen gelassen worden, sagte der Generalsekretär des Synodensekretariats, Kardinal Mario Grech, bei der Vorstellung des Synodenprogramms am 16. September. Der Papst habe "die Fragen der Versammlung der ersten Sitzung akzeptiert, aber es sind Themen, die weitere theologische Überlegungen erfordern", so Grech. Gleich am Beginn der Weltsynoden-Versammlung im Oktober wird laut der vom Vatikan veröffentlichten Synoden-Agenda ein erster Bericht über die bisherige Arbeit der Gruppen vorgelegt.
Mission und Partizipation
Die zweithöchste Wichtigkeit wird im Österreich-Papier dem Thema "Kirche ist Mission" beigemessen. Grund dafür dürfte nicht zuletzt folgende lapidare Feststellung sein: "Generell zeigt sich, dass die Kirche in Österreich Mission neu lernt und lernen muss." Schlüsselbegriffe für eine missionarische Haltung seien Dialog, Praxis und Inkulturation. Gefordert seien missionarische "Qualitäten", wie "der Mut zum Zeugnis, die persönliche Glaubwürdigkeit wie auch die Fähigkeit, Menschen wertschätzend zuzuhören und auf ihre Bedürfnisse einzugehen - insbesondere in Bezug auf kritische Menschen oder in Konflikten".
Als vordringlich für die Glaubwürdigkeit einer synodalen Kirche wird "das Miteinander von Priestern und Laien und die gleichwertige Mitgestaltung des kirchlichen Lebens" gesehen. Diese Thematik steht an dritter Stelle der Prioritätenliste und betrifft die kirchlichen Strukturen. "Geweihte und Nichtgeweihte [sollen] in die Entscheidungen auf allen Ebenen der Kirche eingebunden werden", ist zu lesen. Entwickelt werden müsse "eine Kultur der echten Mitentscheidung, nicht nur der Beratung oder Beteiligung an der Entscheidungsfindung". Es brauche u.a. transparente Entscheidungsvorgänge und die Rechenschaftspflicht funktionierender Gremien nach innen und nach außen.
Priester, Zölibat, Krankensalbung
"Die Anforderungen an Priester heute verlangen nach neuen Formen der Ausübung des priesterlichen Dienstes. Empfohlen wird, die Weihezulassungen zu weiten sowie regionale Lösungen mit Probephasen anzudenken", ist im Österreich-Bericht als Generalperspektive zu lesen. Ob das auch eine Freistellung von der Zölibatsverpflichtung für Weltpriester beinhaltet, wird nicht gesagt.
Deutlich wird der Österreich-Bericht bei der Krankensalbung, die bisher nur Priester spenden können, wo es wörtlich heißt: "Das Sakrament der Krankensalbung sollte allen Krankenseelsorger/innen für Kranke offenstehen", wird festgehalten.
Konkrete Anregungen aus Österreich kommen auch zur Ökumene, wo hierzulande die vielfältige Zusammenarbeit und herzliche Verbundenheit zwischen den christlichen Konfessionen hervorgehoben wird. So wünsche man sich von der Synode ein gemeinsames Osterdatum orientiert am Julianischen Kalender sowie die Anerkennung und allgemeine liturgische Verwendung des Großen Glaubensbekenntnisses, jedoch ohne "filioque". Weiters wird vorgeschlagen, für konfessionsverbindende Ehepaare eucharistische Gastfreundschaft zu ermöglichen. Auch der interreligiöse Dialog könnte in ökumenischer Kooperation erfolgen: "Gemeinsam könnten sich die Religionsgemeinschaften für den Frieden einsetzen und wach und aktiv der politischen Vereinnahmung von Religion widerstehen."
Der Synodale Prozess in Österreich
Im Oktober 2021 hatte Papst Franziskus überraschend einen weltweiten Prozess für eine synodalere Kirche initiiert und angekündigt, dass die Weltbischofssynode nicht nur im Oktober 2023, sondern auch im Oktober 2024 über die Ergebnisse des in mehreren Phasen ablaufenden weltweiten Konsultations- und Beratungsprozesses beraten wird.
In Österreichs Diözesen gab es in der Folge seit Herbst 2021 Befragungen, Diskussionen, Versammlungen und andere Initiativen wie Fragebögen, um möglichst viele Menschen in die Synode einzubinden und Anliegen und Ideen der Gläubigen zu erheben. Aus den von den Diözesen an die Bischofskonferenz übermittelten Ergebnissen wurde eine österreichweite Synthese erarbeitet, die im August 2022 an das zuständige Synoden-Generalsekretariat im Vatikan ging. Ein erster Entwurf der Österreich-Synthese war zuvor bei einer "vorsynodalen Beratung" im Mariazell diskutiert worden, an der auch je zwei Verantwortliche pro Diözese und zehn Vertreter österreichweiter Initiativen teilnahmen.
Schon vorher wurde auch ein nationales Synodenteam ins Leben gerufen, um den Prozess zu koordinieren. Neben dem Bischofskonferenz-Vorsitzenden Erzbischof Franz Lackner und "Pastoral-Bischof" Josef Marketz gehören ihm die Wiener Pastoraltheologin und Religionssoziologin Regina Polak, die Innsbrucker Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb, die Theologin und ehemalige Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Edith Stein, Petra Steinmair-Pösel, der Salzburger Theologe Markus Welte und der Europareferent der Bischofskonferenz, Johannes Moravitz, an. Seit November 2023 ist auch die Pastoraltheologin und Dekanin der theologischen Fakultät der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz, Klara Csiszar, im österreichischen Synodenteam, nachdem sie zuvor schon als nicht-stimmberechtigte Expertin an der Bischofssynode in Rom teilgenommen hatte.
Aus der im September 2022 im vollen Umfang veröffentlichten "Nationale Synthese zum synodalen Prozess" geht hervor, dass zentrale Anliegen der österreichischen Katholikinnen und Katholiken unter anderem Geschlechtergerechtigkeit und Partizipation in der Kirche sind. Ein weiterer Bereich sind die vermehrte Mitwirkung von Laien und Laiinnen in Liturgie und Seelsorge, das Bemühen um eine verständlichere Sprache in Liturgie und Verkündigung sowie ein pastoraler Umgang mit Menschen, die in verschiedener Weise vom kirchlichen Leben ausgeschlossen sind; ebenso eine weiterhin transparente Aufarbeitung von Missbrauch und die Förderung von Glaubensbildung.
Nach Kontinentalphase wieder Ortskirchen am Wort
Auf Basis der Länder-Synthesen aus aller Welt wurde ein erstes weltkirchliches Arbeitsdokument für die nächste Phase der Weltsynode erarbeitet. Diese bestand aus Beratungen auf Ebene der Kontinente, die im Februar und März 2023 stattfanden. Bischöfe und Delegierte aus europäischen Ländern etwa kamen dazu in Prag zusammen. Alle sieben Kontinentalversammlungen - Afrika, Ozeanien, Asien, Europa, Süd- und Nordamerika sowie die Ostkirchen - erstellten je ein eigenes Abschlusspapier über ihren Austausch. Diese Texte flossen wiederum in das Arbeitspapier ("Instrumentum laboris I") für die erste Sitzungsperiode der Welt-Bischofssynode (4. bis 29. Oktober 2023) im Vatikan ein.
Am Ende der ersten Versammlung in Rom beschlossen die Delegierten einen "Synthese-Bericht". Dessen Inhalte wurden in den Monaten danach erneut in Diözesen, Ordensgemeinschaften und an der Kirchenbasis, aber auch von beim Synoden-Generalsekretariat eingerichteten Arbeitsgruppen und einem internationalen Pfarrer-Treffen in Rom vertieft. Auf Basis des Syntheseberichts der ersten Synodenversammlung sprach man erneut über Wege und Instrumente einer synodaleren Kirche und konkrete Formen missionarischen Engagements.
Wie in anderen Ländern entstand in Österreich aus den neuerlichen Rückmeldungen der Diözesen und der Bischöfe, die auf Ebene der Bischofskonferenz gemeinsam mit den Fachleuten und kirchlichen Organisationen verschiedene Themenfelder des Synthese-Berichts noch einmal inhaltlich vertieften, ein weiterer Länderbericht. Auch dieser zweite Österreich-Bericht wurde an das Synodensekretariat übermittelt. Auf Grundlage dieser neuerlichen Länderberichte entstand das "Instrumentum laboris II" - das Arbeitspapier für die nunmehrige zweite Session der Welt-Bischofssynode.
(Österreich-Website zum Synodalen Prozess: https://www.katholisch.at/synodaler-prozess-bischofssynode; 2. Österreich-Bericht als pdf: www.katholisch.at/dl/qNkoJmoJLKNoJqx4KJKJmMJKomNm/)Oesterreichbericht_Synodaler_Prozess_2024-05_V2_pdf)
Quelle: kathpress