Schönborn: "Freie Wahlen keine Last, sondern ein echter Gewinn"
Vor der Nationalratswahl am Sonntag hat Kardinal Christoph Schönborn zur Teilnahme an der Wahl aufgerufen. In seiner Kolumne in der Zeitung "Heute" (Freitag) hob Schönborn die Bedeutung des Wahlrechts hervor, wenngleich die Wahl der Partei, nicht allen leicht falle: "Doch gar nicht zur Wahl zu gehen - aus Frust, aus Protest oder nur aus Bequemlichkeit - ist keine gute Wahl." Das Wahlrecht sei eine hart erkämpfte Errungenschaft und dürfe nicht als selbstverständlich angesehen werden, betonte der Wiener Erzbischof und verwies diesbezüglich auf die Geschichte Österreichs sowie "Pseudo-Wahlen" in diktatorisch regierten Ländern. Die Österreicherinnen und Österreicher sollten die Chance auf freie Wahlen nützen, appellierte Schönborn.
Anders als in vielen Ländern der Welt mit eingeschränkten, kontrollierten oder manipulierten Wahlen, wo Zwang und Gewalt "Pseudo-Wahlen" bestimmten und eine politische Vielfalt ausgeschlossen sei, könne man in Österreich wählen. "Wie gern würden viele Menschen in Diktaturen die Herrschenden abwählen!", erinnerte der Kardinal. Freie Wahlen seien daher "keine Last, keine Farce, sondern ein echter Gewinn". Und auch wenn nichts perfekt sei, "doch die Wahl zu haben, ist allemal besser als eine Diktatur", so Schönborn: "Es liegt an uns, die Chance zu nützen."
Er erinnerte daran, dass es in Österreich erst seit gut 100 Jahren das allgemeine, freie und geheime Wahlrecht gebe: "Im 19. Jahrhundert, in Zeiten der Monarchie, gingen Menschen dafür auf die Straße." Gleichberechtigt mitstimmen zu können, bedeute, "dass wir eine 'Stimme' haben und eine Volksvertretung frei wählen und abwählen dürfen", erklärte Schönborn.
Vural: Mit Wahlbeteiligung Zukunft mitgestalten
Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) richtete am Freitag einen Appell an alle wahlberechtigten Bürger, besonders an die muslimische Gemeinschaft, sich am demokratischen Prozess zu beteiligen. IGGÖ-Präsident Ümit Vural erklärte in einer Videobotschaft: "Diese Wahl bietet uns die Möglichkeit, die Zukunft unserer gemeinsamen Heimat aktiv mitzugestalten."
"Als Teil der österreichischen Gesellschaft tragen wir die Verantwortung, uns für Gerechtigkeit, Gleichbehandlung und sozialen Frieden einzusetzen", so Vural, auch mit Blick auf Skepsis in den sozialen Medien hinsichtlich der Wahlteilnahme unter Muslimen. Aktuelle Diskussionen würden Unsicherheiten schüren. Vural betonte jedoch, dass die politische Beteiligung der Muslime in Österreich essenziell sei, um ihre Anliegen in der Gesellschaft zu vertreten und den sozialen Frieden zu fördern.
Chalupka Teil der Kampagne "#DeinMeinUnserÖsterreich!"
Der Aufruf der IGGÖ reiht sich in eine breitere Kampagne ein, die unter dem Motto "#DeinMeinUnserÖsterreich!" läuft. Diese Initiative setzt sich in Sozialen Medien für eine hohe Wahlbeteiligung ein, insbesondere unter jungen Menschen und Minderheitengruppen. Unter anderem veröffentlichte der evangelische Bischof Michael Chalupka auf Instagram ein Video (https://www.instagram.com/p/DAYe3TAiY0a/) mit einem Wahlaufruf: "Uns Evangelischen war es schon immer wichtig zu wählen", erinnerte Chalupka an die Reformationsgeschichte der evangelischen Kirche. "Alle sollen sich beteiligen und darum geht bitte wählen", so der evangelisch-lutherische Bischof.
ÖRKÖ: Keine Alternative zur Rechtsstaatlichkeit
Auch der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), der armenisch-apostolische Bischof Tiran Petrosyan, meldete sich anlässlich der bevorstehenden Nationalratswahl zu Wort: "Zur Demokratie, zur Achtung der Menschenrechte, zu Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Solidarität und gegenseitigem Respekt gibt es keine Alternative. Diese Prinzipien sind keine Selbstverständlichkeit, sondern müssen jeden Tag aufs Neue errungen bzw. bewahrt werden."
Der ÖRKÖ - dem 17 Kirchen angehören - hat auf seiner Website (www.oekumene.at) anlässlich der Wahl eine biblisch begründete Orientierungshilfe veröffentlicht. Petrosyan appellierte im Namen des ÖRKÖ, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen. Zugleich forderte er die Wahlberechtigten auf, sich vor der Stimmabgabe ein wohlüberlegtes Urteil zu bilden. An die wahlwerbenden Parteien und Personen richtete der ÖRKÖ-Vorsitzende den Appell, im Wahlkampf ein Mindestmaß an gegenseitigem Respekt und vor allem Wahrhaftigkeit zu wahren.
Quelle: kathpress