Kirchlicher Klimaexperte vor COP29: Neue globale Finanzierung nötig
Die internationale Finanzierung weltweiter Klimaschutzmaßnahmen muss bei der UN-Klimakonferenz COP29 in Baku auf neue, sichere Beine gestellt werden. Das hat Martin Krenn, Mitarbeiter der Koordinierungsstelle (KOO) der österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission, als Sprecher der Allianz für Klimagerechtigkeit am Mittwoch in einem Online-Pressegespräch im Vorfeld der Konferenz von 11. bis 24. November in der aserbaidschanischen Hauptstadt gefordert. Auch Österreichs Regierung müsse erkennen, "dass internationale Klimafinanzierung - auch wenn sie teuer ist - eine notwendige Investition in die Zukunft ist". Als reicher Staat mit überdurchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen müsse Österreich zu einem gerechten internationalen Finanzierungsbeitrag bereit sein.
Außer Krenn, der für die KOO seit Jahren als Beobachter bei internationalen Klimakonferenzen dabei ist und auch in Baku vor Ort sein wird, nahmen an dem Pressegespräch auch Maria Hammer vom veranstaltenden EZA-Verein "Südwind", Reinhard Uhrig vom WWF Österreich und Simon Bukenya von der "Alliance for Food Sovereignty in Africa" teil.
Die zukünftige Klimafinanzierung stellt laut Martin Krenn "eine noch nie dagewesene finanzielle Herausforderung" dar. Um diese zu meistern, werde es "neue Steuern für die reichsten Umweltsünder" ebenso brauchen wie eine umfassende Reform des globalen Finanzsystems.
Der Experte erinnerte an die nun auslaufenden Vereinbarungen früherer UN-Klimakonferenzen: Bereits vor 15 Jahren sei festgelegt worden, dass die für den Großteil der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlichen reichen Industrienationen die finanzschwachen Entwicklungsländer ab dem Jahr 2020 mit 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr unterstützen müssen. Mit dem Pariser Abkommen von 2015 sei diese Unterstützung bis 2025 verlängert und vereinbart worden, dass es ab 2026 ein neues, höheres Unterstützungsziel geben soll. "Seit drei Jahren verhandeln die Staaten der Welt um dieses neue Ziel, welches in weniger als einem Monat in Baku beschlossen werden soll", erklärte Krenn.
Aus Kritik an bisheriger Finanzierung lernen
Die zukünftige finanzielle Unterstützung für Klimamaßnahmen in den ärmsten Ländern der Welt müsse an deren Bedürfnissen wie auch an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert sein. Schätzungen zum Finanzierungsbedarf für Klimaschutz, Anpassungsmaßnahmen sowie Schädens- und Verlustabdeckung reichten von einer Billion bis über 5 Billionen Dollar pro Jahr, so Krenn. Bereits am bisherigen 100-Milliarden-Unterstützungsziel habe es viel Kritik gegeben: "Es wurde nicht erreicht, es reicht nicht aus, es wird für das Falsche eingesetzt, und so weiter."
Daraus müssten Lehren gezogen und künftig "Fallstricke" vermieden werden, wie der KOO-Fachmann ausführte. Zum einen gelte es zu vermeiden, dass Geberstaaten "alles Mögliche und Unmögliche zusammenzählen und als neues Finanzierungsziel verkaufen". Weiters dürften weitere verpflichtend mitzahlende Staaten nicht als Bedingung für ein adäquates Finanzierungsziel eingefordert werden. Das neue Finanzierungsziel benötigt laut Krenn einen "harten Kern - einen klaren jährlichen Mindestbetrag echter Unterstützungsleistungen anstatt aufgeblasenen Zahlen, mit denen sich die Staaten nur gegenseitig etwas vorspielen".
Warnung vor Schuldenfalle
Simon Bukenya aus Uganda betonte, dass Afrika am meisten unter den Auswirkungen der Klimakrise leide und weit größere Beträge nötig seien als bisher, damit die Staaten ihre Klimaziele (Nationally Determined Contributions, NDCs) erreichen können. Er kritisierte, dass es sich bei den bisher ausgeschütteten Summen oft um an strenge wirtschaftliche und politische Auflagen geknüpfte Kredite handelte, die afrikanischen Länder in neue Abhängigkeiten brächten. Eine Sichtweise, die auch von "Südwind" geteilt wird: Wer über Klimafinanzierung spreche, müsse auch über Klimaschulden sprechen, sagte dessen Klimasprecherin Maria Hammer und nahm hier die Länder des Globalen Nordens in die Pflicht. Benötigt würden echte Zuschüsse und eine öffentliche Finanzierung statt neuer Kredite, um eine weitere Verschuldung der Staaten im Süden zu vermeiden.
Grundsätzlich gehe es aber auch bei der 29. UNO-Klimakonferenz um das Ziel, die Klimakrise unter Kontrolle zu bekommen, unterstrich Reinhard Uhrig, Klimasprecher von WWF Österreich. Davon sei man noch weit entfernt, nachdem 2023 das heißeste Jahr der Messgeschichte gewesen ist. Die globale Erwärmung bewege sich auf einen katastrophalen Wert von 2,6 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts zu, sagte Uhrig. Trotzdem sei es "immer noch möglich, einen 1,5 Grad-Pfad der Erderhitzung einzuhalten." Dafür sei erforderlich, den bei der COP28 in Dubai beschlossenen Ausstieg aus fossilen Energieträgern mit klaren Ausstiegsfristen weiterzuverfolgen.
Die Allianz für Klimagerechtigkeit ist ein Netzwerk unabhängiger, zivilgesellschaftlicher Organisationen aus den Bereichen Entwicklungspolitik, Umweltschutz und Soziales. Sie setzt sich für wirksamen Klimaschutz in Österreich und für internationale Klimagerechtigkeit ein und will Bewusstsein für die Wechselwirkungen zwischen Klimakrise und zukunftsfähiger Entwicklung bilden.
Quelle: kathpress