
Beck: Vatikan-Akademie für das Leben hat sich methodisch verbessert
Die Päpstliche Akademie für das Leben hat sich unter Papst Franziskus inhaltlich geweitet und methodisch verbessert. Zu dieser Einschätzung kommt der Wiener Moraltheologe, Bioethikexperte und Priester Prof. Matthias Beck im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress (Mittwoch) nach Ende der diesjährigen Vollversammlung der Akademie in Rom. Der Mediziner, Pharmazeut, Philosoph und Theologe gehört seit Februar 2013 der von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) gegründeten Akademie an. Unter Papst Franziskus wurde das inhaltliche Mandat der Akademie erweitert und mit der Ernennung von Erzbischof Vincenzo Paglia zum Präsidenten eine wichtige Personalentscheidung getroffen. Seither wurden auch etliche nicht-katholische Forscher in das wissenschaftliche Beratergremium des Papstes aufgenommen.
Grundlegend für die Akademie sei es, in einem ersten Schritt den naturwissenschaftlichen Befund einer Thematik zu erheben, führte Beck zu ihrer Arbeitsweise aus. In einem zweiten Schritt werde interdisziplinär die Bedeutung des naturwissenschaftlichen Befundes erhoben und erst darauf fußend stelle sich die Frage nach ethischen Schlussfolgerungen. "Wir haben in der Akademie früher diesen Zwischenschritt - die Frage nach der Bedeutung auch in einem philosophischen und theologischen Sinn - oft nicht getan. Wir haben gesagt, das und das ist gefährlich, läuft falsch. Jetzt müssen wir ethisch handeln. Nein, wir brauchen einen Zwischenschritt, um zu verstehen, wie das Sein ist. Und zwar das Sein der Welt und das Sein des Menschen", erklärte Beck.
Diesem Dreischritt folgend sei auch der aktuelle Jahres-Kongress aufgebaut gewesen. So habe am Montag beispielsweise mit Guido Tonelli ein Physiker, der auf experimentelle Teilchenphysik spezialisiert ist, dargelegt, "wie fragil die Welt eigentlich ist". Beck weiter: "Und ich habe dann die Frage gestellt, ob diese Fragilität darauf hinweist, dass die Welt aus sich heraus eigentlich gar nicht bestehen kann, sondern dass wir so etwas brauchen, wie einen göttlichen Geist, der diese Welt im Sein erhält. Das nennen wir in der Theologie creatio continua. Also zwei Prinzipien, einerseits die Naturgesetze und andererseits die Notwendigkeit des göttlichen Logos."
Ein weiterer Themenschwerpunkt habe das Verhältnis von Biologie und Theologie im Blick auf Genetik, Epigenetik, Verschaltung und genetische Manipulation behandelt. Ähnlich wie bei der Quantenphysik zeige sich in der Biologie, dass das Grundprinzip der Natur Dialog, Beziehung und Wechselwirkung sei, so Beck.
Höhepunkt des Kongresses sei ein interdisziplinärer Dialog zur Frage "Was/Wer wird die Welt retten?" nicht zuletzt aufgrund der fortschreitenden Erderwärmung gewesen. Gerade im Blick auf die Klimakrise brauche man zuerst die naturwissenschaftliche Analyse dessen, was falsch läuft. Der Umgang damit erfordere aber auch die "Bekehrung des Menschen", so Beck, der sagte: "Wer/Was kann die Welt retten? Die Wissenschaft alleine kann es nicht. Es braucht die zweite Annahme einer anderen Dimension. Das ist jetzt meine Interpretation. Wir brauchen sowohl die sehr gründliche naturwissenschaftliche Analyse als auch die geistige Dimension, dass der Mensch sich wieder hinwenden muss zu seinem Seinsgrund. Und dann ist die Welt vielleicht noch zu retten. Aber ohne beide Komponenten wird es schwierig."
Eindringliche Papst-Botschaft
Die zweitägige Vollversammlung der Päpstlichen Akademie für das Leben am 3./4. März stand unter dem Motto: "Das Ende der Welt? Krisen, Verantwortlichkeiten, Hoffnungen." Papst Franziskus sandte aus dem Gemelli-Krankenhaus eine streckenweise dramatische Grußbotschaft an die Teilnehmer, die der Vatikan veröffentlichte. Darin betonte der Papst, die derzeitige Lage der Welt sei durch eine "Polykrise" gekennzeichnet. Zu ihr trügen in dieser dramatischen historischen Stunde Kriege, Klimawandel, Energieprobleme, Epidemien, Migrationsströme und technische Innovationen zusammen bei.
Mit Nachdruck wandte sich der Papst gegen eine "utilitaristische und neo-libertäre Deregulierung", die derzeit weltweit im Gang sei. Sie wolle das Gesetz des Stärkeren als einzige Regel durchsetzen, was unmenschlich sei. Stattdessen müssten jene Instrumente gestärkt werden, die den gesamten Planeten im Blick haben.
Quelle: kathpress