
Glettler: Trauer nach Grazer Attentat zeigt Spur zu Herzensbildung
"Begeistert von den muslimischen und christlichen Jugendlichen in Graz", die bei der Trauerfeier nach dem Mordanschlag im BORG Dreierschützengasse eine Absage an den Hass formulierten, hat sich der Innsbrucker Bischof (und frühere Grazer Pfarrer) Hermann Glettler geäußert. Bei der Herz-Jesu-Gelöbnisfeier am Freitagabend in der Jesuitenkirche in Innsbruck sagte Glettler, die Schülerinnen und Schüler hätten "in ihrem Zusammenstehen die richtige Spur gezeigt" und die Dringlichkeit einer neuen Herzensbildung verdeutlicht. "Es darf nicht heißen 'Gewalt ist geil', auch wenn auf internationaler Politbühne enorm viel Gewalt als 'neues Normal' dargestellt wird", betonte der Bischof.
Glettler erinnerte an den Satz "Er wollte, dass wir hassen, dass wir auseinandergehen, aber er hat versagt" des BORG-Schulsprechers Ennio Resnik über den Attentäter an seiner Schule und an die Begründung: "Weil wir lieben können, weil wir zusammenhalten." Der Hass im Netz dürfe sich nicht länger "epidemisch ausbreiten", so der Bischof. "Wir müssen unsere Friedenstüchtigkeit trainieren, nicht unser 'Kriegstüchtigkeit', wie dies zur Rechtfertigung der militärischen Aufrüstungsprogramm jetzt immer wieder heißt."
Beim bereits zum 229. Mal erneuerten Herz-Jesu-Gelöbnis in Innsbruck nahmen auch der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle, Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann sowie weitere Mitglieder der Tiroler Landesregierung und des Tiroler Landtages Mitfeiernde an der Messe teil. Begleitet wurden die Feierlichkeiten von der Schützenkompanie Amras, der Musikkapelle Amras-Innsbruck und den Fahnenabordnungen der Tiroler Traditionsverbände.
Es braucht "Herz-Halte-Stellen"
Bischof Glettler erzählte, ihn habe zu seiner diesjährigen Herz-Jesu-Predigt die aktuelle Werbung des Landestheaters Tirol inspiriert. Auf Transparenten sei von einer "HERZ HALTE STELLE" die Rede - für Glettler eine "tolle Ansage". Dieser Slogan sollte seiner Ansicht nach auf jeder Kirche, auf jedem Wohnhaus stehen. "Aber nicht die Gebäude, Menschen sind füreinander Herz-Halte-Stellen" - und zwar Menschen, die zuhören, die ihr Herz weiten und dem Bedürfnis entsprechen: "Aus dem Modus des gestressten Reagierens auszusteigen, durchatmen, Frieden finden", wie der Bischof sagte. Es brauche unzählige Herz-Halte-Stellen, "um nicht im heillosen Tempo der galoppierenden Veränderungsprozesse und negativen Dynamiken aufgerieben zu werden".
Auf Plakaten und Programmheften des Landestheaters stehe ein weiterer "genialer Spruch", wie Glettler hinwies: "DAS IST DOCH NUR WAS FÜR ALLE." Das stehe für den Anspruch, nicht nur eine kulturelle Elite bedienen zu wollen. Der Bischof "outete" sich als Fan der unkonventionellen Produktionen in Innsbruck, die schon einiges an Diskussion ausgelöst haben. "Es wird im Theater verhandelt, was berührt - nicht traditionelle Versatzstücke, sondern das Leben mit seinen Zumutungen, Höhen und Niederlagen", so Glettler. Theater wolle ein Ort des Diskurses, der Irritation und der solidarischen Vernetzung für alle sein.
Auch auf den Kirchen sollte stehen "DAS IST DOCH NUR WAS FÜR ALLE", meinte Glettler. Das "Herz Jesu" sei die wertvollste Ikone einer universellen Liebe, die keinen Menschen abschreibt oder ausschließt. Es stehe für eine neue Verbundenheit, sei "Quelle einer Liebe, die den anderen sucht und zum Leben ermutigt". Diesen Herzschlag Gottes gelte es zu verstärken. Glettler: "Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass die Herzkammern unserer Gesellschaft zu eng werden, dass die vielen 'Anderen' draußen sind - die politisch Andersdenkenden und Anders-glaubenden, die Loser und Langsamen, die Fremden, die psychisch Kranken und Dementen", forderte der Bischof und formulierte abschließend ein "Herz-Jesu-Programm" für die Gläubigen: "Herz-Halte-Stellen aufsuchen - Sich täglich für das Gute entscheiden - und solidarische Herzensweitung".
Tradition wurzelt im 18. Jahrhundert
Das Herz-Jesu-Gelöbnis geht bereits auf das Jahr 1796 zurück, als der Abt des Stiftes Stams das Land Tirol dem "Heiligsten Herzen Jesu" weihte, um göttlichen Beistand im Widerstand gegen die napoleonischen Truppen zu erhalten. Seit 2016 steht der Herz-Jesu-Freitag auch im Zeichen des "Tages der Herzlichkeit". Die Initiative wurde vom Bischof-Stecher-Gedächtnisverein unter dem Motto "Offene Herzen" ins Leben gerufen, um die Kultur der Herzlichkeit, Hilfsbereitschaft und Solidarität in Tirol bei zahlreichen Veranstaltungen und Events noch stärker (er-)lebbar und sichtbar zu machen.
"Die Menschen in Tirol zeichnen sich durch ein besonders großes Herz aus. Das zeigt sich sowohl in kleinen Gesten als auch in großem Engagement", erklärte Landeshauptmann Mattle anlässlich der Gelöbnisfeier. Allen, die dazu beitragen, gebühre ein herzlicher Dank - "sie alle sind das Fundament unserer solidarischen und starken Gemeinschaft".
Quelle: kathpress