
Caritas und obdachlose Menschen arbeiten an Wiener "Park für alle"
Obdach- und wohnungslose Menschen nutzen den öffentlichen Raum intensiv, haben aber kaum Mitspracherecht bei seiner Gestaltung. Zudem sind sie von Hitze, Ausgrenzung, fehlendem Schutz und dem Mangel an konsumfreien Orten betroffen. Die Caritas entwickelt daher gemeinsam mit Betroffenen ein Konzept für einen vielfältigen, inklusiven und klimaresilienten "Park für alle" in Wien. Im Rahmen des EU geförderten Pilotprojekts EQUIHOME wurden bereits politische Handlungsempfehlungen für Wien erarbeitet, die Partizipation für obdach- und wohnungslose Menschen in der Gestaltung öffentlicher Räume fördern. Derzeit arbeitet die Caritas an ihrer Implementierung und sucht nach Projektpartnern und politischen Stakeholdern, die sich an der Umsetzung beteiligen.
Der "Park für alle" sieht etwa konsumfreie Zonen, Abkühlungsmöglichkeiten, schattige Rückzugsorte, Trinkwasserstellen und öffentliche Duschen vor. Diese Maßnahmen hätten nicht nur positive Auswirkungen für wohnungs- und obdachlose Menschen, sondern auch für ältere Personen, Menschen mit Behinderungen, Schwangere, Kinder sowie Touristinnen und Radfahrer, wie die Caritas in einer Aussendung betonte: "Was für die einen überlebenswichtig ist, macht die Stadt für alle lebenswerter." Einige der entwickelten Ideen gibt es in Wien bereits, sollten aber weiter ausgebaut werden, fordert die Hilfsorganisation.
Teilhabe, Schutz und Begegnung
Der "Park für alle" ist laut Caritas auf die Gewährleistung von Information und Teilhabe, Erholung und Schutz, Sicherheit und Komfort sowie Begegnung und Bewegung ausgerichtet. Dazu zählen etwa kostenloses WLAN, mehrsprachige Infostände und Infoscreens, Trinkwasserspender mit Hundenapf, Brunnen oder Pools zur Abkühlung, saubere und kostenlose WCs, Awareness-Teams vor Ort, Automaten mit Hygiene- und Sonnenschutzartikeln, kostenlose Fitnessgeräte, breite und sichere Radwege oder ein offener Bücherschrank.
Aktuell findet eine Umfrage statt, wie die Beteiligung von vulnerablen Gruppen gelingen kann, was bereits umgesetzt wurde oder noch umgesetzt werden kann. Teilnehmende sind diverse Organisationen, NGOs, die Wiener Magistrate und politische Stakeholder. Auch konkrete Gespräche mit Unterstützern werden bereits geführt, erklärte Christina Gugerell aus dem Projektteam EQUIHOME im Interview mit Kathpress: "Aktuell gibt es etwa Gespräche mit A1, wie man leer stehende Telefonzellen nutzen kann." Denkbar seien Notrufsäulen, ausgestattet mit einem Defibrillator und Informationen, wo etwa die nächste Polizei erreicht werden kann.
Politische Empfehlungen zur barrierefreien Teilhabe
Mit der Mobilitätsagentur Wien, die in der Stadt verteilt Infoständer für Fußgänger mit Informationen zur Umgebung bereitstellt, wurden Vorschläge aus Sicht von obdachlosen Menschen besprochen, berichtete Gugerell. So wünschten diese sich etwa Informationen, wo sich die nächste Notschlafstelle oder Notrufzentralen mit Defibrillatoren befinden. In Zukunft wolle die Mobilitätsagentur Wien diese Empfehlungen in der Gestaltung von Infotafeln mit aufnehmen.
Auch politische Empfehlungen zur barrierefreien Teilhabe von wohnungs- und obdachlosen Menschen in der Stadtentwicklung wurden bereits entwickelt. Darunter fallen die Schaffung von inklusiven Schutzräumen und eine diskriminierungsfreie Moderation in verständlicher Sprache. Gefordert werden zudem niederschwellige Beteiligungsformate, die unabhängig von Wohnsitz oder Sprachkenntnissen angeboten werden. Auch Mehrsprachigkeit soll mittels Übersetzungen, interkultureller Kommunikation und diversen Informationskanälen gefördert werden. Die Prozesse sollen flexibel gestaltet werden, Raum für Vertrauensaufbau geben, langfristig ausgerichtet und mit persönlicher Ansprache verbunden sein. Im Herbst wird es noch ein Training für Politikerinnen und Politiker zum Thema Beteiligung geben, kündigte Gugerell an.
Pilotprojekt EQUIHOME
Das Pilotprojekt EQUIHOME, umgesetzt von 2023 bis 2025 von Caritas Wien und der Universität Wien, brachte Vorschläge und Perspektiven von obdach- und wohnungslosen Menschen, Sozialarbeiterinnen, Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltung (MA 20) sowie der Lokalpolitik zusammen, um "gemeinsam und auf Augenhöhe" an Ideen für die Stadtentwicklung zu arbeiten. Dabei wurden Workshops im Tageszentrum Obdach aXXept, der Gruft, am Peer Campus neunerhaus und im Kulturhaus Brotfabrik durchgeführt - Einrichtungen, die als Kooperationspartner am Projekt beteiligt sind. Neben der eigenen kreativen Gestaltung wurden auch bestehende Einreichungen aus dem Beteiligungsprojekt "Wiener Klimateam" ergänzt und weiterentwickelt.
Entstanden ist das Projekt EQUIHOME im Rahmen des EU-Projekts GEtCoheSive mit dem Ziel, in Pilotstädten inklusive Governance-Praktiken zu entwickeln, um Menschen aus benachteiligten Gruppen - etwa mit Migrationshintergrund, niedrigen Einkommen oder Behinderungen - besser in Umwelt- und Sozialpolitik einzubinden. Aus dem Wiener Projekt ging das Konzept "Park für alle" hervor. Bis März 2026 wird an dessen Umsetzung gearbeitet.
Quelle: kathpress