
Politiker Karas: "Die Welt wird neu geordnet"
Der VP-Politiker, frühere Vizepräsident des Europäischen Parlaments und nunmehrige Präsident des Europäischen Forums Alpbach, Othmar Karas, sieht Europa angesichts globaler Umbrüche unter starkem Druck und ruft zu einer aktiven Stärkung von Demokratie, Zusammenhalt und europäischer Verantwortung auf. "Die Welt wird neu geordnet", so Karas in der Reihe "Sommergespräch" von Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" und "radio klassik Stephansdom" (wo das Gespräch am 21. Juli ab 17.30 Uhr ausgestrahlt wird). Die zahlreichen regionalen Konflikte, Abhängigkeiten in Lieferketten, der Klimawandel oder auch Kriege zeigten, dass es keine einfachen Lösungen gebe. Letztlich gelte es, "Bündnisse zu stärken und Zusammenarbeit zu intensivieren", so Karas.
Europa sei weiterhin der "demokratischste und der rechtsstaatlichste Teil dieser Welt". Antidemokratische Kräfte innerhalb Europas würden jedoch aktuell diese Errungenschaften gefährden: "Das ist eine globale Angelegenheit, weil wir viele Mini-Trumps haben, nicht nur in Österreich, sondern in Europa und auf der ganzen Welt. Das ist genau die Auseinandersetzung Autokratie oder liberale Demokratie." Umso notwendiger sei es, das demokratische Prinzip und die offene Debattenkultur des Parlamentarismus zu schützen.
Mit Blick auf die österreichische Neutralität plädierte Karas für eine differenzierte Betrachtung. "Die Neutralität ist ja eine militärische und keine Werteneutralität. Es gibt keine Neutralität zwischen Krieg und Frieden und keine zwischen Diktatur und Freiheit." Österreich habe mit der Verfassungsänderung von 1998 klargestellt, dass die Neutralität nicht im Widerspruch zu einer gemeinsamen europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik stehe: "Wir sind in Europa solidarisch und nicht neutral", zitierte der ehemalige ÖVP-Politiker den damaligen Außenminister Wolfgang Schüssel (ÖVP). Eine NATO- oder Neutralitätsdebatte halte er für unnötig. Gefragt sei vielmehr eine sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte.
Karas wurde 2024 als Nachfolger von Andreas Treichl zum Präsidenten des Europäischen Forums Alpbach gewählt. In seinem neuen Amt rückt er nun unter dem Motto "Recharge Europe" vier Zukunftsfelder in den Mittelpunkt: Energieunion, Sicherheits- und Verteidigungsunion, Investitions- und Kapitalmarktunion sowie die Verteidigung der liberalen Demokratie.
Nach der persönlichen Bedeutung des Glaubens angesprochen, meinte Karas: "Es gibt den schönen Satz, der heißt, ohne Glaube keine Hoffnung." Dabei gehe es für ihn um die Prinzipien, nach denen man sein Handeln richtet - auch jenseits der institutionellen Kirche: "Ich unterscheide sehr oft zwischen dem, was die Amtskirche tut, und dem, was die Botschaft sein sollte. Und ich orientiere mich an der Botschaft."
Quelle: kathpress