
Grünwidl: Sorgsame Veräußerung kirchlicher Immobilien
An zunehmende Kirchenverkäufe wird man sich laut dem Apostolischen Administrator der Erzdiözese Wien, Josef Grünwidl, gewöhnen müssen. "Leider schaut es zurzeit so aus, dass wir am Beginn eines Prozesses stehen, wo sich auch die Kirche überlegen muss, wie können wir unsere vielen Gebäude erhalten und an die gegebenen Erfordernisse anpassen und wo ist es auch notwendig, dass wir uns von Gebäuden trennen oder sie umwidmen", so Grünwidl. Diesen Prozess gebe es bereits in ganz Westeuropa und nun eben auch in Österreich. Grünwidl äußerte sich Dienstagabend im Interview in der ORF-Sendung "Niederösterreich heute". Dabei wurde auch deutlich, dass man vonseiten der kirchlichen Verantwortlichen bei diesem Prozess besondere Sorgsamkeit an den Tag legen will.
Der Apostolische Administrator erläuterte die aktuellen Herausforderungen mit einem Vergleich: "Hätte ich 100 Kilo und würde ich 35 abnehmen, müsste ich mir ein neues Gewand zulegen. Es passen einfach die Strukturen und auch die Immobilien, die wir haben, nicht mehr", so Grünwidl. Diese würden aus einer Zeit stammen, als fast 100 Prozent der österreichischen Bevölkerung katholisch waren und auch fast alle jeden Sonntag in die Kirche gegangen sind. Das habe sich stark geändert. Grünwidl: "Wir haben Gott sei Dank noch Kirchen, die voll sind. Aber wir haben zunehmend auch Kirchen, die halb leer sind." Hier müssten sich die Verantwortlichen die Frage stellen: "Brauchen wir dieses Gebäude noch und können wir es erhalten?" Die meisten kirchlichen Gebäude stünden unter Denkmalschutz und hätten auch hohe Erhaltungskosten.
Man sei freilich bemüht, wo immer es geht, die Kirchen zu erhalten, sprich, "dass Kirchen im Dorf bleiben", so Grünwidl: "Wenn das so bleiben soll, dann wäre eigentlich das beste Rezept, dass alle auch in der Pfarre mitarbeiten und mittun und die Kirche am Sonntag besuchen und nützen." Nachsatz: "Dort, wo eine lebendige Gemeinde da ist und wo der Raum auch genutzt wird und nicht verstaubt, mache ich mir eigentlich keine großen Sorgen um kirchliche Gebäude."
Grünwidl erinnerte in diesem Zusammenhang auch daran, dass Kardinal Christoph Schönborn, bis Jänner 2025 Erzbischof von Wien, stets für ein intensives Miteinander von Pfarrgemeinde und politischer Gemeinde geworben hatte. Eben zusammengefasst im Appell: "Lassen wir die Kirche im Dorf!"
Kirchenverkauf in Korneuburg
Ein Beispiel für die sorgsame Veräußerung einer Kirche: 2023 wurde die Augustinerkirche in Korneuburg von der Erzdiözese Wien an einen Immobilienentwickler um 300.000 Euro verkauft. Dieser bekam allerdings einige Auflagen, wie Geschäftsführer Gernot Schubert gegenüber dem ORF-Niederösterreich berichtete: "Wir mussten uns verpflichten, auf die Würde und die Geschichte des Gebäudes bei der weiteren Verwendung bedacht zu nehmen." Man habe sich etwa auch verpflichtet, "der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, zu gewissen Zeiten das Fresko besichtigen zu können. Und wir haben uns verpflichtet, die beweglichen, denkmalgeschützten Gegenstände hier am Grundstück zu belassen, etwa die Kirchenbänke", erzählte Schubert.
Rund um die Augustinerkirche und das angrenzende ehemalige Kloster soll nun ein komplett neues Quartier entstehen. "Es wird Gewerbeflächen, Büros und Wohnungen geben. Außerdem soll im Neubau ein kleines Café entstehen. Und auch die städtische Bücherei wird auf zwei Stockwerken in den Neubau einziehen", sagte die Leiterin des Kulturmanagements Melanie Lopin.
Die Bauarbeiten auf dem historischen Grund sind dabei durchaus herausfordernd. Aufgrund der Pläne für eine Tiefgarage hinter der Kirche arbeiten derzeit zahlreiche Archäologen daran, historische Gegenstände zu sichern. Bis 2028 soll das ganze Bauprojekt abgeschlossen sein. In der Kirche selbst würde sich dabei "nicht viel verändern". "Sie soll zu einem Veranstaltungsraum werden, wo wir noch Technik einbauen werden", erklärte Projektleiter Christoph Frühwirt. Ansonsten stünden in der Kirche selbst aber nur kleinere Sanierungen an.
Quelle: kathpress