
KPH-Rektorin: Schulbild der Zukunft braucht grundlegende Diskussion
Eine Neuausrichtung der bildungspolitischen Debatte fordert Ulrike Greiner, Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien/Niederösterreich. Statt sich ausschließlich um Zahlen und Personalengpässe zu drehen, müsse das Bildungssystem endlich grundlegende normative Fragen diskutieren, schrieb die Expertin in einem Gastkommentar für die Tageszeitung "Der Standard" (Montag). Dazu gehört laut Greiner etwa: "Machen wir das Richtige? Haben wir die 'Richtigen'? Und bilden wir sie angemessen aus? Wofür eigentlich? Für welche Schule der Zukunft? Für welche Gesellschaft?"
Ein öffentlicher Diskurs sei hier unumgänglich, befand die Rektorin von Österreichs größter Privaten Pädagogischen Hochschule. Auch die Frage nach der Art von künftig benötigten Kompetenzen, also nach den dafür unverzichtbaren, nicht kompensierbaren Basisfähigkeiten, gelte es zu stellen. Greiner führte als Beispiel dafür die Lesefähigkeit an, bei der die Bildungsgesellschaft darum Sorge tragen müsse, dass sie nicht schon im Ansatz verkümmere. Zu diskutieren gelte es auch, welches Wissen und welche Art von Wissen zum nötigen Weltverständnis und zur Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit erforderlich seien. "Ich denke hier an politisches, psychologisches und soziales Wissen, an Finanzbildung und Medienwissen", so die Expertin für Lehrerbildung.
Schließlich hinterfragte die KPH-Rektorin auch, "welche Persönlichkeitsbildung" es brauche. Ihre Antwort: "In Anbetracht bevorstehender schwieriger Zeiten wohl psychische Widerstandskraft, aber auch Tugenden wie Selbsterkenntnis, Friedfertigkeit, Dankbarkeit, Mut und Demut - die im Angesicht eines vergänglichen Lebens einen ganz wesentlichen Beitrag zu einer Lebensweise ohne permanente Selbstüberschätzung oder, direkter gesprochen, ohne Dummheit leisten."
Antworten darauf zu finden sei deutlich schwieriger als auf jene Fragen, die in den vergangenen Jahren in der Schuldebatte dominiert hätten, nämlich "ob wir genug Lehrerinnen für das neue Schuljahr haben", bemerkte Greiner, oder über die von der Bildungsforschung untersuchten Wirkung der Maßnahmen im Bildungssystem, der Unterrichtsqualität oder der Kompetenz der Lehrpersonen. Die Grundsatzfragen dürften dabei jedoch nicht übersehen werden.
Bestärkt in ihrer Ansicht sieht sich die Bildungswissenschaftlerin durch die "teilweise nur oberflächlich geführte Diskussion rund um digitale Bildung und Künstliche Intelligenz (KI)". Wenn "KI-Begeisterte" von einer "Ablösung des Menschen im Transhumanismus" sprechen, "muss man entgegenhalten, dass Bildung immer menschliche Bildung ist und als solche unverzichtbar bleibt", so Greiner, Nachsatz: "Falls wir weiterhin an eine Welt glauben wollen, in der es mehr gibt als Intelligenz, nämlich Weisheit, zum Beispiel jene, die uns vor der Selbstauslöschung bewahrt."
Quelle: kathpress