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Kirchliche Spitäler halten an palliativer Begleitung fest
Ihre grundsätzlich kritische Haltung zur Suizidassistenz haben zwei führende Vertreter kirchlicher Gesundheitseinrichtungen - Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich, und Christian Lagger, Geschäftsführer der Elisabethinen Graz - bekräftigt. In einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Furche" (Ausgabe Nr. 37/2025) betonten sie, diese Praxis dürfe nicht zum gesellschaftlichen Leitbild für das Lebensende werden. Sterbewünsche müssten vielmehr eine bessere palliative Begleitung zur Folge haben. Anlass gab der öffentlich angekündigte assistierte Suizid des Journalisten und Autors Niki Glattauer in der Vorwoche, der die gesellschaftliche Debatte um Suizidbeihilfe in Österreich erneut angestoßen hat.
Christian Lagger, der auch Vorstandsmitglied in der ARGE der Ordensspitäler ist, lehnte die Suizidassistenz in katholischen Einrichtungen dezidiert ab. Zwar respektiere man die geltende Rechtslage, nehme jedoch als konfessionelle Häuser das vorgesehene Recht auf Verweigerung in Anspruch: "Der Staat gibt uns - wie auch Apothekern und Notaren - die Freiheit zu sagen: Wir machen das nicht." Die Rolle katholischer Spitäler sah er klar umrissen: "Wir tun alles, um Menschen zu begleiten, Schmerz zu lindern, palliativ-medizinisch, psychologisch und seelsorgerisch zu begleiten. Das ist unser Angebot am Ende des Lebens." Manche Patienten kämen bewusst zu Ordensspitälern, "weil sie bei uns nicht unter Druck kommen".
Viel zu wenig geredet werde darüber, "wie gut stationäre und mobile Palliativmedizin ist", so Lagger weiter. Derzeit werde das Palliativ- und Hospizangebot österreichweit flächendeckend ausgebaut. "Es gibt viele Möglichkeiten, Menschen am Lebensende zu begleiten. Würdevolles Sterben braucht Nähe, Zeit und professionelle Fürsorge - keine Abkürzungen", so der Vertreter der Ordensspitäler. Bei den Elisabethinen Graz, wo es seit 1998 eine Palliativstation und seit kurzem auch ein Hospiz gibt, gehörten Sterbewünsche zum Alltag. Man pflege damit einen offenen Umgang, rede darüber, "was zu tun ist und warum" und scheue keine Diskussion über Suizidassistenz - "aber es gibt andere Wege".
Lagger äußerte zudem medienethische Bedenken zur öffentlichen Ankündigung von Glattauers Suizid: "Die Veröffentlichung dieses Interviews ist für mich eine Bruchlinie." Üblicherweise behandle Journalismus Suizidfälle aus gutem Grund diskret, um etwaige Nachahmung zu verhindern. Zwar gehöre der Tod enttabuisiert, gleichzeitig dürfe die gesellschaftliche Debatte jedoch nicht zu einer Normalisierung des assistierten Suizids führen.
Diakonie will keine "Normalisierung"
Auch Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser betonte Zurückhaltung gegenüber der Suizidassistenz. Deren Legalisierung sei keinen Anlass, diese als zusätzliche Option im Portfolio konfessionell betriebener Einrichtungen zu etablieren. Der Weg der Diakonie sei ebenfalls der hospizliche und palliative, "der assistierte Suizid ist kein Angebot, das es zusätzlich auch noch gibt". Einzelfälle könne es bei Diakonie-Einrichtungen schon geben, deren Normalisierung sei jedoch klar abzulehnen, da diese Praxis "nie die beste Lösung" sein könne. Man könne über das Leben letztlich nicht verfügen, "wir haben den Tod nicht in der Hand", auch wenn die "Idealisierung des Suizids" - auch in seiner assistierten Form - diese Tatsache zu verdrängen versuche.
Moser sprach sich dafür aus, den Fokus stärker auf Grundversorgung und mobile Pflegeangebote mit palliativer Logik zu legen. In vielen Fällen sei es möglich, durch Zuwendung und Schmerztherapie den Sterbewunsch zu verändern. "Informationen haben eine suizidpräventive Wirkung", so die Diakonie-Direktorin. Sterbewillige würden sich immer wieder dann doch für das Leben entscheiden.
Beide Experten zeigten sich zudem besorgt über Entwicklungen im Bereich der Übertherapie. Moser berichtete von Fällen, in denen Patienten trotz ausbleibender Heilungschance wiederholt belastende Behandlungen erhielten. "Bei der wichtigen Debatte über den assistierten Suizid sollte die Frage der Therapiezieländerung oder der Vorsorgevollmacht nicht unter den Tisch fallen", so die Diakonie-Direktorin. Lagger ergänzte, dass gewisse Formen der Übertherapie "sogar lebensverkürzend" sein könnten. Dem hingegen seien für schwere Formen von Depression im Alter psychologische und psychiatrische Interventionen sehr wohl hilfreich. "Es kommt äußerst selten vor, dass dagegen kein Kraut gewachsen ist", so der Elisabethinen-Geschäftsführer.
Einseitige Debatte
Ebenfalls in der "Furche" kritisierte auch der reformierte Theologe und Medizinethiker Prof. Ulrich Körtner eine "einseitige Debatte" über Suizidassistenz. Das letzte Interview mit Glattauer, Berichte über seinen Tod und das in den Folgetagen veröffentlichte Interview mit der behandelnden Ärztin als "medienethisch wie medizinethisch fragwürdig" und von zu wenig professioneller Distanz aller Beteiligten geprägt gewesen. "Man kann sich die Frage stellen, ob diese Art von öffentlichem Sterben nicht auch eine wechselseitige Instrumentalisierung der Beteiligten bedeutet", so der Wiener Ordinarius für Reformierte Theologie. Es mute an wie "Werbung", wenn suggeriert werde, "ein wirkliches Sterben in Würde könne es - noch dazu wegen der kritisierten Missstände im Gesundheitswesen - im Grunde nur in Form eines assistierten Suizids geben".
Wenngleich er Glattauers Entscheidung und seine Angaben über die Behandlung im Spital der Barmherzigen Brüder respektierte, hielt es Körtner für bedauerlich, dass im abgedruckten Interview kein Wort zu den Palliative-Care-Angeboten dieser Ordenseinrichtung, zu deren Palliativem Konsiliardienst oder zu sonstigen ambulanten und stationären Palliativ-angeboten in Wien verloren worden sei. Stattdessen sei bloß ein größeres Angebot an Ärzten, die zur Unterstützung Suizidwilliger bereit sind, gefordert worden.
Quelle: kathpress