
Papst-Experte Batlogg: Noch kein klarer Kurs von Leo XIV. erkennbar
Papst Leo XIV. bleibt für den Vorarlberger Jesuiten und Papst-Experten P. Andreas Batlogg ein weitestgehend unbeschriebenes Blatt. "Es gibt wenig Schriftliches von ihm aus seiner Zeit vor seiner Wahl und auch als Papst hat er sich mit klaren Aussagen bisher zurückgehalten", so Batlogg im Interview mit der Wochenzeitung "Die Furche". Dass nun viele protokollarische Abläufe wieder anders als unter Franziskus laufen, wollte Batlogg dagegen nicht überbewerten. "Leo verlässt nie das Protokoll, er macht auch keine Witze oder Andeutungen. Das wirkt manchmal etwas steif, hängt aber auch mit seiner Persönlichkeit zusammen." Auf der anderen Seite werde damit auch umso deutlicher, "dass Franziskus in seiner Art natürlich viel provokativer war".
Papst Leo habe aber zum Beispiel deutlicher als noch Franziskus die Situation in der Ukraine und Gaza kritisiert. Batlogg: "Er ist kein Polterer, kein Wüterich, das muss er auch nicht sein." Aber natürlich würden Konflikte nicht ausbleiben. "Wenn ich klare Positionen habe, dann komme ich auch Politikern in die Quere. Da wird es jetzt natürlich schon spannend sein, wie er es etwa mit den USA und der dortigen Migrationspolitik handhabt."
Aus seiner Sicht seien Leos Mittwochskatechesen das Authentischste, was es von ihm gibt. Gerade zum Beginn habe man schon auch eine gewisse Unsicherheit bemerkt, was aber sicher immer besser werden wird. Man müsse zudem auch bedenken, so der Jesuit, dass der neue Papst sehr fit sei und durch sein Alter wahrscheinlich viel mehr Zeit haben werde als seine Vorgänger.
Der Jesuit warnte auch vor überzogenen Erwartungen, dass man aus der anstehenden ersten Enzyklika des Papstes besondere Rückschlüsse auf seinen Kirchenkurs ziehen kann. Zwar soll bereits Anfang Oktober ein Apostolisches Schreiben erscheinen, in dem es um Armut und soziale Fragen gehen wird. Allerdings soll der Text zum größten Teil noch aus der Feder von Franziskus stammen, wie es ja auch bei Franziskus' erster Enzyklika Lumen fidei der Fall war, die zu über 90 Prozent noch aus der Feder von Benedikt stammte. Von daher werde man noch nicht allzu viel von Leo herauslesen können. Seine erste eigene Enzyklika soll sich mit Künstlicher Intelligenz beschäftigen, so Batlogg.
Er sei jedenfalls vorsichtiger geworden, bei der Einschätzung darüber, wofür der Papst wirklich steht, so Batlogg: "Ich habe aktuell den Eindruck, er will es allen recht machen." Er wolle das nicht überbetonen, aber "wenn er jetzt offensichtlich Kardinal Burke gestattet, im Petersdom eine Messe im Alten Ritus zu feiern, was ja Franziskus noch ausdrücklich stark eingeschränkt hat, dann ist das natürlich schon ein Zeichen in Richtung der Traditionalisten. Da kann man schon das eine oder andere Fragezeichen anbringen." Andererseits habe Papst Leo auch den Jesuiten James Martin, einen bekannten LGTBQ+-Aktivisten aus New York, empfangen, den Franziskus als Berater sehr schätzte.
Änderungen in der Kurie
Papst Leo habe sicher auch einen anderen Zugang zur Kurie als Franziskus. "Ich gönne es der Kurie auch, dass es ruhiger geworden ist, weil Franziskus weitgehend unberechenbar war. Aber man müsse auch verstehe , warum Franziskus ein "agent provocateur" war und sich nichts gefallen ließ, so Batlogg: "Jetzt muss Leo dann langsam aber schon auch Nägel mit Köpfen machen. Auch bei Personalentscheidungen." Sein Vorteil sei, dass er in seiner vorigen Position als Präfekt des Bischofsdikasteriums alle Ad-limina-Bischöfe getroffen hat. Und: "Er war auch bei beiden Sessionen der Weltsynode dabei, er kennt also sehr viele Leute."
Künftige Kardinalsernennungen
Im Blick auf künftige Kardinalsernennungen mutmaßte Batlogg, dass Papst Leo zur früheren Praxis zurückkehren werde: "Mailand, Venedig, Los Angeles, San Francisco haben, anders als früher, keinen Kardinal. Aber auch Wien oder Prag waren diesmal gar nicht im Konklave vertreten, auch Irland nicht." Andererseits laufe man dann natürlich Gefahr, wieder 30 italienische Kardinäle zu haben, aktuell sei man bei 13 "und man muss im Kardinalskollegium natürlich schon die weltkirchlichen Realitäten abbilden". Ob es in Tonga oder der Mongolei, wo es 1.500 Katholiken gibt, wirklich einen Kardinal braucht, sei eine andere Frage.
Zur Frage, wohin Leo zuerst reisen wird, meinte Batlogg: "So gut wie fest steht ein Besuch in der Türkei anlässlich des 1700-Jahr-Jubiläums des Konzils von Nizäa, vielleicht wird das mit dem Libanon verbunden. Ich rechne mit Peru und den USA als baldige Ziele, offenbar gibt es im Vatikan auch Vorbereitungen für Argentinien und Uruguay."
(Buchhinweise: Andreas Batlogg, "Leo XIV. Der neue Papst", Verlag Herder, 2025)
Quelle: kathpress