Tück zu Kirk und Trump: Feindesliebe statt Hass auf Gegner
Nach dem Mord an dem US-Influencer Charlie Kirk hat der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück zu einem radikalen Gewaltverzicht aufgerufen, den auch seine Disziplin vertreten müsse. In einem Beitrag für das Portal "communio.de" (Mittwoch) warnte der Dogmatikprofessor vor einer Theologie, die sich vom Ruf nach Gerechtigkeit zu einer Rhetorik der ewigen Verdammnis verführen lasse. Dabei kritisierte er US-Präsident Donald Trumps Aussagen auf der Gedenkveranstaltung für Kirk scharf.
"Es gibt abscheuliche Verbrechen, die zum Himmel schreien", schrieb Tück und nannte sexuellen Kindesmissbrauch oder tödliche Attentate als Beispiele. Zurecht habe man hier Unbehagen an einer "allzu milden Theologie der Barmherzigkeit" und rufe im Namen der Opfer nach Gerechtigkeit. Gerade solche Taten weckten jedoch auch das Bedürfnis nach Vergeltung, das manchmal bis zur Forderung nach ewigen Höllenstrafen reiche, "als sei die heilsuniversalistische Wende durch das Zweite Vatikanische Konzil keine Errungenschaft gewesen".
Vor diesem Hintergrund verwies Tück auf das "erstaunliche" öffentliche Zeugnis von Erika Kirk, der Witwe des Ermordeten, die nach dem Miterleben des Mordes bei der Trauerfeier darauf verzichtet habe, umgehend die Todesstrafe für den Attentäter zu fordern oder den Richtergott anzuflehen. "Sie widerstand der Versuchung zum Neo-Infernalismus, der das Jüngste Gericht keck vorwegnimmt, wenn er Täter schon hier und heute meint verdammen zu können", bei dem sonst "die Zerrüttung von Täter-Opfer-Konstellationen verstetigt und die Hoffnung auf Rettung limitiert" werde.
Vielmehr habe die junge Witwe vergeben, mit Verweis auf Jesus Christus und ihren verstorbenen Gatten, der junge Männer wie den Täter retten haben wollen. Beide hätten ebenso gehandelt, begründete Erika Kirk. Dieses Bekenntnis und die Aussage, "die Antwort auf Hass ist nicht Hass. Die Antwort - das wissen wir aus dem Evangelium - ist Liebe. Immer Liebe. Liebe für unsere Feinde. Liebe für diejenigen, die uns verfolgen", nannte Tück ein "eindrückliches Zeugnis" von Erika Kirk, das bei aller berechtigten Kritik an ihrem Mann und der politischen Inszenierung der Gedenkveranstaltung davon zeuge, "dass hier das Proprium der jesuanischen Ethik verstanden wurde".
Scharfe Kritik äußert Tück hingegen an Donald Trump, der sich bei derselben Veranstaltung von Kirks Position ausdrücklich distanzierte. Der US-Präsident, der sich gerne auf christliche Werte berufe, sagte offen: "Da bin ich anderer Meinung als Charlie. Ich hasse meinen Gegner und wünsche ihm nicht das Beste. Es tut mir leid, Erika ..., aber ich kann meinen Gegner einfach nicht ausstehen."
Dies sei mehr als eine persönliche Entgleisung gewesen, unterstrich Tück: Der US-Präsident übernehme damit offen das politische Denken Carl Schmitts, das Politik auf die Unterscheidung von Freund und Feind reduziere. Eine solche Haltung sei jedoch gefährlich, gerade in einer Welt, die tief gespalten und von Krisen erschüttert sei: "Kann aber Hass des politischen Gegners Kompass sein in einer polarisierten und krisengeschüttelten Welt, die sich nach Frieden und Gerechtigkeit sehnt?" hinterfragte der Wiener Dogmatiker.
Quelle: Kathpress
