
Sozialethiker: "Rendite ja, aber nicht um jeden Preis"
"Rendite ja, aber nicht um jeden Preis": Mit diesen Worten beschreibt der Sozialethiker Klaus Gabriel im Interview mit der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt" die kirchliche Herangehensweise im Bereich der ethisch-nachhaltigen Geldanlage. Konkret bedeute dies, auf Renditepotentiale zu verzichten, wenn dafür gewichtige Gründe sprechen. "Ich nenne das Renditeoptimierung", erläuterte der Theologe. Die Kirche setze damit wichtige Signale: Denn selbst wenn kirchliche Finanzverwalter unter Druck stünden, Gewinne zu erwirtschaften, würden zentrale Werte nicht aufgegeben. "Auch wenn man etwa mit Rüstungsaktien viel Geld verdienen würde, würde man es aus Überzeugung und aus der Grundhaltung heraus nicht machen", so der Unternehmensberater.
Ertrag oder Gewinn seien zwar wichtig, dürfen aber "nicht zulasten des Sozialen und der Ökologie gehen". Konkret habe der verstorbene Papst Franziskus (1936 - 2025) mit "Laudato si" die Verbindung von sozialen und ökologischen Fragen in der Wirtschaft deutlich gemacht. In Österreich sei die Finanzrichtlinie "FinAnKo" für alle den Bischöfen unterstehenden Bereiche verpflichtend. Das werde auch in der Finanzwelt registriert: "Aha, da gibt es Investoren, denen das wichtig ist und damit müssen wir uns auch beschäftigen."
Die Kirche hätte damit eine wichtige Rolle in ihrer Vorbildwirkung, "indem sie die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Themen vorlebt", betonte Gabriel. Die Zukunft ethischen Investierens hänge aber letztlich davon ab, "ob genügend Investoren bereit sind, ihre Renditeerwirtschaftung mit der Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele zu verbinden. Dafür braucht es Vorreiter und da sehe ich die Kirchen in einer bedeutsamen Rolle."
Von Kriegen profitieren
Aktuell berge die Fixierung auf möglichst hohe Gewinne Gefahren. "Diese Fixierung auf Rendite kann uns - ob uns das bewusst ist oder nicht - manipulieren", warnte Gabriel. Dies werde derzeit mit Blick auf Rüstungsgüter sichtbar: "Natürlich weiß man, dass die Kurse von Rüstungsunternehmen wahrscheinlich schnell sinken würden, wenn plötzlich Frieden geschlossen wird. Das ist das Gefährliche, wenn Investoren sagen: Wenn jetzt plötzlich Frieden wäre, wäre das schlecht für meine Aktienkurse." Letztlich würden auch kaum die Rüstungsunternehmen selbst, sondern hauptsächlich die Investoren profitieren.
Hinzu kämen Interessen, die von Kriegen profitieren: "Die Bereitschaft, Kriege zu beenden, ist deshalb vielleicht enden wollend", meinte Gabriel. Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie seien nur gesichert, wenn ihre Produkte nachgefragt und eingesetzt würden. "Dafür eignen sich nun mal in erster Linie Kriege." Gleichwohl bezeichnete der Theologe Aufrüstung angesichts der Bedrohung durch Russland als ein "notwendiges Übel".
Zur politischen Dimension ethischer Fragen sagte Gabriel: "Politikerinnen und Politiker hören sich ethische Argumente ab und zu schon an, aber nur selten orientieren sie sich ernsthaft daran." So werde etwa ein CO2-Preis aus Angst vor unpopulären Maßnahmen nicht konsequent umgesetzt.
Der Trend nachhaltiger Investments werde aktuell von Wettbewerbsfähigkeits-Fragen oder der geopolitischen Neuordnung überschattet, so Gabriel. Das Thema der Nachhaltigkeit oder der nachhaltigen Geldanlage werde aber bleiben, da es Finanzaufsicht auch um Finanzstabilität und Risikomanagement geht.
Quelle: kathpress