
Wien: Wissenschaftler präsentieren "Zehn Regeln für die Digitale Welt"
Einen digitalen Weckruf und eine Mahnung, einem blinden technischen Fortschrittsglauben eine Absage zu erteilen, haben am Montagabend in Wien Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem gesamten deutschen Sprachraum formuliert. Eine durchdigitalisierte Welt brauche klare Regeln und Verhaltensweisen auf Seiten der entwickelnden Firmen ebenso wie auf Seiten der Anwender, zeigten sich die insgesamt 16 Wissenschaftler überzeugt. Dazu stellten sie "Zehn Regeln für die Digitale Welt" vor, deren Ziel es sei, Orientierung für eine humane, demokratische und nachhaltige Gestaltung des digitalen Zeitalters zu bieten.
Der Anklang an die Zehn Gebote sei dabei kein Zufall, erläuterte der Innsbrucker Theologe Prof. Johannes Hoff als einer der Initiatoren: Die Digitalisierung dürfe nicht zum Götzen werden - dies hielten die biblischen Gebote ebenso fest wie die neu formulierten Regeln. Außerdem würden die Regeln wie auch die Zehn Gebote "Orientierung bieten, ohne starr vorzuschreiben, was zu tun ist", so Hoff gegenüber Kathpress.
Die "Zehn Regeln für die Digitale Welt" sind bewusst knapp formulierte Leitsätze, die sowohl Individuen als auch Institutionen adressieren. Sie reichen von der Warnung, digitale Technik nicht zum Selbstzweck zu erheben, über das Gebot, Maschinen keine Menschlichkeit zuzuschreiben, bis hin zur Forderung, die Natur nicht für technischen Fortschritt zu zerstören. Weitere Punkte mahnen, Menschen nicht als bloße Datenobjekte zu behandeln, menschliche Potenziale zu bewahren und Machtkonzentrationen im Digitalbereich zu verhindern.
Im Einzelnen lauten die Regeln: "Erhebt digitale Technik nicht zum Selbstzweck", "Schreibt Maschinen keine Menschlichkeit zu", "Schafft Raum für Muße und analoge Begegnung", "Garantiert den Erhalt sozialer und demokratischer Kompetenzen", "Zerstört nicht die Natur für den technischen Fortschritt", "Behandelt Menschen nicht als bloße Datenobjekte", "Lasst Euch nicht Eurer menschlichen Potenziale berauben", "Verleugnet nicht die Grenzen der Technik", "Nutzt Maschinen nicht, um die Freiheit Anderer zu untergraben" und "Verhindert Machtkonzentration und garantiert Teilhabe".
Ziel dieser Regeln sei es, Individuen ebenso wie Organisationen und Institutionen "an die gemeinsame Verantwortung für eine gute digitale Zukunft" zu erinnern und dazu anzuregen, "die Regeln im Lichte jeder individuellen Rolle und Verantwortung zu konkretisieren". Das bedeute konkret, dass man die Regeln bewusst offen formuliert habe - "wie eine Checkliste und einfache Merksätze" -, um sie in den verschiedenen Bereichen wie etwa Recht, Ethik, Technik etc. weiter zu entfalten.
"Digitalisierung sollte nur als Medium zur Entfaltung und zum Wohlergehen von Mensch, Gesellschaft und Umwelt eingesetzt werden. Wo dies nicht der Fall ist und das Digitale zu einem falschen Gott wird, der Menschen diktiert, was sie zu denken und zu tun haben, (...) da wird in Wahrheit falschen Heilsversprechungen zugearbeitet", heißt es in Erörterung der Regeln. Und weiter: "Wir brauchen den Mut zu einer gesellschaftlich sinnvollen statt einer ungesteuerten und unreflektierten Digitalisierung."
Die zeitgleich mit der Präsentation der "10 Regeln" begründete "Future Foundation" vereint Forscherinnen und Forscher aus Philosophie, Psychologie, Theologie, Rechtswissenschaft, Informatik, Medizin und Ökonomie. Zu den Gründungsmitgliedern zählen neben Hoff u.a. der Wiener Neurochirurg Oskar Aszmann, die Juristin Christiane Wendehorst (Universität Wien), der Technikfolgenabschätzer Armin Grunwald (KIT), der Sozialwissenschaftler Jürgen Pfeffer (TU München), die Unternehmerin und Publizistin Yvonne Hofstetter sowie die Wirtschaftsinformatikerin Sarah Spiekermann-Hoff (WU Wien). (Infos: https://www.thefuturefoundation.eu)
Quelle: kathpress