
EU-Parlamentarier wollen nach Papst-Besuch Religionsfreiheit stärken
Die Europaparlamentarier wollen als direkte Konsequenz ihrer Begegnung mit Papst Leo XIV. ihre Initiativen für Religions- und Gewissensfreiheit verstärken. Das hat Reinhold Lopatka am Dienstag im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress betont. Lopatka war Teil der Delegation der Europäischen Volkspartei (EVP), die unter der Leitung des EVP-Vorsitzenden Manfred Weber am Montag mit Papst Leo XIV., Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und einer Reihe hoher Vatikandiplomaten im Vatikan zusammengekommen ist.
Ihm, Lopatka, sei es als Vizevorsitzender der EU-Intergruppe für Religions-, Glaubens- und Gewissensfreiheit bei den Gesprächen im Vatikan um Initiativen gegangen, um der Spirale von Hass und Gewalt entgegenzutreten. "In Zeiten, in denen Hasspostings, Terrorakte und Kriege immer stärker unser Zusammenleben belasten, wird es umso wichtiger, dass Religionsgemeinschaften und die Politik gegensteuern", erläutert Lopatka sein Aufgabengebiet. "Dafür braucht es ein besseres Verständnis füreinander. Wir müssen Vorurteile abbauen und uns für Glaubensfreiheit einsetzen. Der Dialog zwischen unterschiedlichen Religionen muss von der Politik intensiv unterstützt werden."
Wie Lopatka weiter ausführte, werde er als Leiter der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu den Golfstaaten Fragen des interreligiösen Dialogs in Ländern wie Saudi-Arabien, Katar oder den Vereinigten Arabischen Emiraten auf die Tagesordnung der bevorstehenden Treffen bringen, "um hier Fortschritte für Religions- und Glaubensfreiheit zu erreichen". Ein wichtiger Referenzpunkt sei dabei das "Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt", das in die politische und gesellschaftliche Praxis umgesetzt werden müsse. "Als Europaparlamentarier können wir hier viel beitragen", so Lopatka.
Die auch als Erklärung von Abu Dhabi bekannt gewordene Erklärung war von Papst Franziskus (2013-2025) und dem Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmed el-Tayeb, am 4. Februar 2019 in Abu Dhabi unterzeichnet worden. Das gemeinsame Schreiben betont u.a. die Geschwisterlichkeit aller Menschen, es wendet sich gegen Gewalt und Terror im Namen der Religion und unterstreicht eine "Kultur des gegenseitigen Respekts" als Handlungsgrundlage des interreligiösen Dialogs.
EVP-Chef Weber: Politischer Streit über "christliches Europa"
EVP-Chef Manfred Weber ging es in der Begegnung mit dem Papst u.a. um die christliche Basis der Europäischen Union. "Wichtig war es mir, darauf hinzuweisen, dass rechtsradikale und nationalistische Kräfte für sich in Anspruch nehmen, sie würden das christliche Europa verteidigen, zum Beispiel beim Thema Migration", sagte der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) nach der Audienz im Vatikan. Es gebe sozusagen einen Definitionsstreit um das "christliche Europa" zwischen Politikern wie Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban und den Christdemokraten. "Ich habe darauf hingewiesen, dass wir da die Stimme der katholischen Kirche und des Papstes brauchen, die darstellt, was christlich bedeutet."
Der Papst rief bei seiner auf Englisch vorgetragenen Rede dazu auf, politisch aktive Christen sollten "Männer und Frauen des Dialogs" sein. Den Dialog zwischen Kulturen und Religionen voranzubringen, sei ein "Schlüsselziel für christliche Politiker". Dafür sei es nötig, "tief im Evangelium und den daraus resultierenden Werten verwurzelt zu bleiben und gleichzeitig Offenheit, Zuhören und Dialog mit Menschen anderer Herkunft zu pflegen."
Vergebung als Grundlage von Europa
Der Papst nahm in seiner Rede auch Bezug auf die katholisch-christdemokratischen Gründerväter der Europäischen Union, Robert Schuman, Konrad Adenauer und Alcide De Gasperi. Sie seien Vorbilder für "eine Denk- und Handlungsweise, die den Wert der Religion bekräftigt und gleichzeitig die Unterscheidung - weder Trennung noch Vermischung - vom politischen Bereich bewahrt".
Weber begrüßte diesen Bezug auf die christdemokratische Basis Europas. "Das war ein Zeichen der Ermutigung, dass ihm bewusst ist, dass Europa auf zutiefst christlichen Werten fußt wie Vergebung und dem Überwinden von Hass", so der Politiker. "Ich habe in meiner Erwiderung deutlich gemacht, dass wir das europäische Projekt in diesem christlichen Geiste weiterführen wollen."
Im Mittelpunkt der Gespräche habe auch die Frage nach Krieg und Frieden gestanden, so der EVP-Vorsitzende. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine hat er nach eigener Aussage deutlich gemacht, dass Putin nicht auf Frieden aus sei und ein klares Wort der Kirche ein wichtiges Signal wäre. Thematisiert worden sei auch der Klimaschutz und Künstliche Intelligenz.
Offenherziger und interessierter Papst
"Wir durften einen offenherzigen Papst erleben, der voller Motivation, voller Interesse war. Ich habe ihn so erlebt, dass er zuhört, wirklich verstehen und dazulernen möchte", schilderte Weber seine Eindrücke. Der aus Bayern stammende CSU-Politiker ist Katholik und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Mit 188 Mitgliedern aus allen EU-Mitgliedstaaten ist die EVP-Fraktion die größte Fraktion im Europäischen Parlament.
Quelle: kathpress