
Wilheringer Abt: Schutzengel sind Wegweiser zwischen Alltag und Himmel
Auf die anhaltend hohe Aktualität der Schutzengel im Glaubensempfinden heutiger Menschen hat der Wilheringer Abt Reinhold Dessl hingewiesen. In einer am Samstag veröffentlichten Folge des Podcasts "Mystik & Geist" der Diözese Linz anlässlich des in der Kirche traditionell zu Oktoberbeginn begangenen "Schutzengelsonntags" verwies der Zisterziensermönch auf die theologische Bedeutung und die spirituelle Funktion von Engeln. Sie seien "Wegweiser" im Leben, die Menschen zur Auseinandersetzung mit dem Glauben anregen könnten.
Engel seien in der biblischen Tradition keine eigenständigen Mächte, sondern Boten Gottes. Sie übernähmen keine Verantwortung, sondern stärkten die Menschen darin, auf ihr Gewissen zu hören. Dieses verstehe er als Ort göttlicher Gegenwart im Inneren des Menschen, sagte Dessl. Wer sich führen lasse, beginne eine Reise nach innen. Der Glaube an Engel könne dabei ein erster niederschwelliger Zugang zu spirituellen Fragen sein. Ein Engel, der nur auf sich selbst verweise, bleibe im Bereich des Esoterischen und sei damit nicht im christlichen Sinne zu verstehen. "Ein Engel, der nicht weiterführt, ist kein biblischer Engel", sagte der Zisterziensermönch.
Im Stiftsgymnasium Wilhering hat sich der Engel-Gedanke seit rund zehn Jahren in einer besonderen Form etabliert. Neue Schülerinnen und Schüler erhalten beim ersten Gottesdienst einen kleinen, unbemalten Holzengel, den sie gestalten dürften. Diese Engel werden in einer Vitrine in der Schutzengelkapelle im Eingangsbereich der Stiftskirche ausgestellt. Mit dem Abschluss der Schulzeit bekommen die Jugendlichen den Engel wieder überreicht. Viele nutzten die Kapelle regelmäßig, etwa vor Schularbeiten, berichtete der Abt. Der Raum habe sich zu einem Ort der stillen Einkehr entwickelt.
Auch die barock ausgestattete Stiftskirche in Wilhering greift das Thema Engel vielfach auf. Vor allem die sogenannten Kinderengel, die Putti, sind prägende Bildelemente. Viele von ihnen tragen liturgische Gegenstände, Musikinstrumente oder Blumen. In der Zeit hoher Kindersterblichkeit hätten Eltern ihre verstorbenen Kinder symbolisch als Engel im Himmel gesehen, sagte Dessl. Engel stünden aber auch heute noch für Schutz und Würde des Menschen. Der Abt verwies in diesem Zusammenhang auf ein Jesuswort über Kinder: "Ihre Engel sehen stets das Angesicht Gottes". Dies sei ein theologischer Appell zur Achtung der Menschenwürde, besonders der Schwächsten.
Engelsbilder im Wandel der Zeit
Martina Gelsinger vom Fachbereich Kunst und Kultur der Diözese Linz schilderte im Podcast die Entwicklung der Engelsdarstellungen in der Kunst. Die heute vertrauten Flügel hätten sich erst ab dem 5. Jahrhundert nach Christus durchgesetzt und orientierten sich an der antiken Bildsprache, etwa an der geflügelten Siegesgöttin Nike. In der christlichen Kunst seien Engel zunehmend menschlicher dargestellt worden.
Im 19. Jahrhundert waren Schutzengelbilder durch Drucke in vielen Haushalten verbreitet. Zwei Motive prägten sich besonders ein: Engel, die Kinder über einen gefährlichen Steg begleiten, sowie der Schutzengel am Kinderbett beim Abendgebet. Dabei gehe es immer um die Nähe zum Menschen - auch unter alltäglichen und bedrohlichen Umständen, so die Expertin. In zeitgenössischer Kunst werde das Thema heute teils abstrakt aufgenommen, etwa in Form stilisierter Flügel.
(Link zum Podcast: https://mystikundgeist.podigee.io/42-schutzengel)
Quelle: kathpress